7. ZOG
Im Rahmen der 2. Zeidner Begegnung mit Kulturtagen fand am 9. August 2004 im Evangelischen Gemeinderaum in Zeiden der 7. Zeidner Ortsgeschichtliche Gesprächskreis statt, zu dem Stadtpfarrer Klaus Martin Untch den Teilnehmerkreis im Namen der Kirchengemeinde ganz herzlich begrüßen konnte. Balduin Herter übernahm im Namen des Gesprächskreises die Begrüßung der Gäste, unter ihnen den Hauptarchivar des Kronstädter Staatsarchivs, Gernot Nussbächer, den Ehrenvorsitzenden des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, Prof. Dr. Paul Philippi, als gewählte Vertreter des Deutschen Forums im Stadtrat von Zeiden, Erwin Albu und Prof. Rudolf Rekkert und als rumänischsprachige Referenten Ing. Gheorghe Lupu und Ioan George Andron.
Balduin Herter stellte kurz den 1998 ins Leben gerufenen Gesprächskreis vor und ließ keine Zweifel darüber aufkommen, dass die stetig wachsende Aufgeschlossenheit der Zeidner für Kultur und Geschichte diese wichtige Einrichtung unserer Nachbarschaft rechtfertigt.
Mit dem Hinweis auf den zeidner gruß, der als Heimatblatt der Zeidner Nachbarschaft in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiert und die neuesten Veröffentlichungen ("Denkmaltopographie" und "Bibliographie Zeiden") machte Herter deutlich, dass der Gesprächskreis u.a. seine Aufgabe auch darin sieht, weitere Publikationen zu begleiten, zu fördern und mit Hilfe der Nachbarschaft kooperativ und finanziell zu unterstützen. Seine interessante Vorschau auf mögliche Themen und denkbare zukünftige Veröffentlichungen ließ die Bedeutung dieser jährlich stattfindenden Zusammenkünfte deutlich erkennen.
Erstmalig rumänische Referenten dabei
Als ersten rumänischsprachigen Referenten im Gesprächskreis konnte Balduin Herter sodann Ing. Gheorghe Lupu (Zeiden) bitten, die wichtigsten Grundzüge der 1885 erschienenen und von ihm überarbeiteten Monographie "Studiu istorico-statistic asupra prezentului si trecutului românilor din localitatea Codlea" von Josif Comãnescu, darzulegen. Diese Monographie von 1885, die älteste Schrift über die Vergangenheit von Zeiden in rumänische Sprache, widerspiegelt in hervorragender Weise das politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Leben der Zeidner Rumänen und weist unter anderem auch statistische Angaben über die Einwohnerzahl und die Vermögensverhältnisse der rumänischen Bevölkerung auf. Seine Ausführungen machten deutlich, dass der damalige griechischorthodoxe Ortspfarrer Josif Comãnescu die Charakteristik und das Naturell der Zeidner Rumänen vortrefflich erkannt und aufgezeichnet hatte.
Lupu`s Beitrag schloss mit dem Hinweis, dass wichtige geschichtliche Beweise an den Tag legen, dass die Einwohner Zeidens (Rumänen und Sachsen) durch verschiedene Schwerpunkte und Bedürfnisse ("greutãti si nevoi") über Jahrhunderte hinweg auch schwere und leidvolle Zeiten durchlebt und gemeistert haben.
Deutsche Lehrer ausgezeichnet
Anlässlich des 70-jährigen (1934-2004) Bestehens des Zeidner Lyzeums (Liceul Teoretic Codlea) nützte Gheorghe Lupu im Anschluss an seinen Vortrag die Gelegenheit, den ehemaligen deutschen Lehrern des Lyzeums im Auftrag der Lyzeumsleitung über die Zeidner Nachbarschaft eine Dankurkunde ("Diploma de excelentã") zu überreichen:
Herrn Barf Dieter
Frau Mieskes Astrid
Herrn Bruss Günther
Frau Prömm Doris
Frau Josef Inge
Herrn Römer Arnold
Frau Kamner Marianne
Herrn Unberath Johann
Herrn König Günther
Frau Unberath Katharina
Frau König Erika
Herrn Wagner Günther
Herrn Kuwer Manfred
Frau Wellmann Ottilia
Frau Lingner Iris
Herrn Wiener Josef
Herrn Melchior Hans
Herrn Wilk Norbert
Herrn Bruss Siegbert
Frau Zerwes Anneliese
Im Juli 2004 hat die Zeidner Nachbarschaft im Rahmen der Buchreihe "Zeidner Denkwürdigkeiten -- Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde von Zeiden" das Heft 10, "Bibliographie Zeiden/Codlea/ Feketehalom" herausgegeben. Als Mitarbeiter im Zeidner Ortsgeschichtlichen Gesprächskreis und Mitherausgeber stellte Helmuth Mieskes die Bibliographie vor, die eine erste Bestandsaufnahme der Literatur von und über Zeiden darstellt. Insgesamt wurden dabei auf 78 Seiten rund 600 Titel aufgenommen, darunter auch rumänische und ungarische (Bestellmöglichkeit: s. letzte Umschlagseite).
In der Hoffnung, dass diese Bibliographie Neugierde erweckt und vor allem auf diejenigen inspirierend wirkt, die die Heimatgeschichte von Zeiden längst verdrängt und es versäumt haben, der jüngeren Generation diese Geschichte näher zu bringen, leitete Mieskes zu einem aktuellen Thema über, das Nachbarvater Udo Buhn schon seit einigen Jahren in besonderer Weise beschäftigt -- das Museum Zeiden.
Nachbarvater Udo Buhn wünscht sich ein gemeinsames "Museum Zeiden"
"Wer aus der Geschichte nichts gelernt hat, kann die Gegenwart nicht begreifen und wird auch in Zukunft nicht bestehen können" -- mit diesen Worten eröffnete Nachbarvater Udo Buhn ein typisches Gesprächskreisthema, das sich im Verlauf der Diskussion hauptsächlich der notwendigen Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung von Zeiden widmete. In Abwesenheit des neu gewählten Bürgermeisters Puiu Popa forderte Buhn die anwesenden Vertreter des Deutschen Forums, Erwin Albu und Rudolf Rekkert eindringlich auf, den Museumsgedanken im Stadtrat ernsthaft aufzugreifen und die alles entscheidende Standortfrage (die jetzige Poliklinik wurde mehrheitlich favorisiert) im Sinne einer verträglichen Lösung zu klären. Udo Buhn bekräftigte in seinen Ausführungen, dass es sich bei der Realisierung des Vorhabens keineswegs nur um ein sächsisches Museum handeln soll, sondern um ein gemeinsames "Museum Zeiden", bei dem u.a. der gemeinsamen Vergangenheit Rechnung getragen werden soll.
Prof. Dr. Paul Philippi erinnerte an die noch "pubertäre Geschichtsschreibung nach 1990" in Rumänien und trug seine konzeptionellen Gedanken zum bisherigen Meinungsaustausch in Sachen Museum vor. Mit Bezug auf die positive Entwicklung in Hermannstadt bat er die Verantwortlichen, die Regie zu diesem Vorhaben nicht aus den Händen zu geben. Er forderte die Kirchengemeinde auf, die Besitzverhältnisse baldmöglichst auf dem Rechtsweg zu klären, um anschließend selbst, mit eigenen Kräften, das Vorhaben zu planen und zu steuern. Seine an die Teilnehmer ausgegebene Devise -- von der Meinungs- zur Machtpolitik -- wirkte überzeugend.
Die Herausgabe der Denkmaltopographie Siebenbürgen -- Kreis Kronstadt Band 3.4, die die flächendeckende Bestandsaufnahme des denkmalwerten Kulturgutes bzw. der Bauten der Orte Zeiden, Neustadt, Schirkanyen und Wolkendorf beinhaltet, wurde unter weiser Voraussicht auch von der Zeidner Nachbarschaft finanziell unterstützt. So war eine systematische wissenschaftliche Dokumentation dieser Siedlungen möglich.
In Vertretung von Frau Direktor Dr. Ligia Fulga informierte Herr Ioan George Andron (beide am Ethnologischen Museum in Kronstadt) über die mühevolle Projektarbeit, den Denkmalsbestand und die historischen und topographischen Zusammenhänge zum Zeitpunkt der Bestandsaufnahme. Die gute Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde e.V. Gundelsheim wurde dabei von Andron besonders hervorgehoben. Er zeigte sich beeindruckt von der verschiedenartigen Architektur der Wehrkirchen, vom Inneren der Kirchen und der gut erhaltenen Bausubstanz etlicher Bauwerke. Er gab zu, dass er durch diese gezielte Projektarbeit sein "spärliches" Wissen über die Sachsen in Siebenbürgen wesentlich erweitern und sein Geschichtsverständnis in einigen Punkten durchaus revidieren konnte.
Mit dem Dank an die Verantwortlichen der Zeidner Nachbarschaft, die Gunst der Stunde bei der Herausgabe dieser Dokumentation genutzt zu haben, und dem Wunsch nach Fortsetzung dieser Arbeit, beendete Andron seine interessanten Ausführungen, die mehr als nur einen Einblick in die Arbeit des Dokumentationsteams gaben.
Gesprächskreis und Deutsches Forum diskutieren über künftige Zusammenarbeit
Im weiteren Verlauf der Versammlung wurden interessante Anregungen und mögliche Zukunftsprojekte, die die Nachbarschaft und den Gesprächskreis sicherlich in der Folgezeit weiter beschäftigen werden, im gegenseitigen Meinungsaustausch angesprochen: Dokumentation des Waldbades, Denkmalschutz, Aufleben des Verschönerungsvereins auf Vorschlag von Erwin Albu, Rückgabe von kirchlichem Eigentum, Umgestaltung der Freifläche entlang der Ringmauern, Finden von Mitarbeitern, Unterstützung der Kirchengemeinde durch die Nachbarschaft.
Mit dem Dank an die Referenten, Gäste und Teilnehmer schloss Balduin Herter den 7. Zeidner Ortsgeschichtlichen Gesprächskreis in Zeiden.
Helmuth Mieskes, Böbingen
Artikel erschienen im zeidner gruss Nr.97, Weihnachten 2004, S. 28-29