Zeiden im Burzenland

von Rainer Lehni
(erschienen in der Siebenbürgischen Zeitung, 20. Mai 1999, geändert am 10. März 2005)

Lage

Die Stadt Zeiden liegt am nordwestlichen Rand des Burzenlandes, am Fuße des Zeidner Berges. Rumänisch heißt der Ort Codlea, ungarisch Feketehalom und die Zeidner Sachsen nennen ihre Heimatstadt Zäöeden. Nach Kronstadt, von dem es 15 Kilometer entfernt ist, ist Zeiden der bedeutendste Ort des Burzenlandes im Hinblick sowohl auf die geschichtliche Vergangenheit des Landstrichs als auch auf seine politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung in der Gegenwart. Er liegt 565 Meter über dem Meeresspiegel. Die einstige Zeidner Gemarkung umfasste eine Gesamtfläche von 13 414 Hektar, davon 20 Prozent Ackerland und über 40 Prozent Wälder. Das Wahrzeichen der Stadt ist der Zeidner Berg (rum. Magura Codlei, ung. Feketehegy), der mit seinen 1294 Metern höchste Berg des Perschaner Höhenzuges. Die wichtigsten Gewässer des Hattertgebiets sind der Neugraben, die Burzen und die Trübe Homorod.

Lage von Rumänien in Europa
Lage vom Siedlungsgebiet der Siebenbürger Sachsen in Siebenbürgen
Lage von Zeiden im Burzenland

Geschichtliche Entwicklung

Reste der Schwarzburg

Während seiner Wirkungszeit im Burzenland (1211-1225) errichtete der Deutsche Ritterorden eine seiner Verteidigungsburgen, die Schwarzburg, auf einer 980 Meter hohen Bergkuppe unterhalb des Zeidner Berges. Die Schwarzburg wird 1265 als "castrum Feketewholum" erstmals urkundlich erwähnt. Nach dem Abzug der Ordensritter kam die Burg unter die Obhut des ungarischen Königs, wahrscheinlich beim Tatareneinfall von 1345 wurde sie zerstört und nicht wieder aufgebaut. 

In die Zeit des Ritterordens fällt wahrscheinlich auch die Gründung Zeidens durch deutsche Siedler, jedoch erst in einer Urkunde von 1377 wird der Ort als "Cidinis" erstmals erwähnt. Die von Georg Draudt 1794 verfasste "Zeidner Turmknopfschrift" nennt als erstes ortsgeschichtliches Datum das Jahr 1335, als die Tataren Zeiden zerstört haben sollen. In den Urkunden zu Beginn des 15. Jahrhunderts wird Zeiden nicht mehr "villa" (Dorf) sondern "oppidum" (Marktflecken) genannt. Die ersten Geistlichen, die in Zeiden nachgewiesen sind - die Plebane Jacobus und Johannes Glytsch - wirkten hier um 1400.

Die Türken verwüsteten Zeiden mehrmals, so 1421, 1432, 1530 und 1658. Nach dem Türkeneinfall von 1432 begannen die Zeidner mit dem Bau ihrer Kirchenburg. Sie wurde im März 1612 das einzige Mal vorübergehend besetzt, als sie nach einer Belagerung dem siebenbürgischen Fürsten Gabriel Bathori übergeben wurde.

Ein durch einen Fastnachtsumzug ausgelöster Großbrand zerstörte 1628 Zeiden. 1660 starben 750 Personen an der Pest, 1685 fielen einem Großbrand auch die Kirche und Kirchenburg zum Opfer. Die Kirche brannte 1701 erneut ab. Die kriegerischen Auseinandersetzungen gingen auch unter der habsburgischen Herrschaft weiter. 1690 plünderten kaiserliche Truppen Zeiden, während des Kurutzenkrieges 1703-1711 wurde Zeiden von Kaiserlichen und Kurutzen gleichermaßen geplündert.

Im Jahr 1699 werden zum ersten Mal 23 rumänische Familien erwähnt. In die Zeit des Kaisers Joseph II. (1780 - 1790) fällt die Ansiedlung der Zigeuner in Zeiden. Am 7. Juni 1783 besuchte der Kaiser auf seiner Siebenbürgenreise auch Zeiden, dabei genehmigte er den rumänischen Einwohnern den Bau einer orthodoxen Steinkirche.

Denkmal

Nach dem Einmarsch rumänischer Truppen in Siebenbürgen floh 1916 ein Teil der Zeidner Sachsen vorübergehend ins Harbachtal, Weinland und auch weiter. Im Ersten Weltkrieg verzeichnete man unter den Zeidner Sachsen 101 Gefallene und Vermisste sowie 522 Heimkehrer. Im Zweiten Weltkrieg wurden über 400 Zeidner in Verbände der Deutschen Wehrmacht und der Waffen-SS eingereiht. Als Angehörige dieser Verbände sowie der Rumänischen Armee fielen 131 Zeidner, von denen 41 als vermisst gelten.

Am 13. Januar 1945 und in den Tagen danach wurden über 500 junge Männer und Frauen ausgehoben und zur Aufbauarbeit in die Sowjetunion verschleppt. Die meisten Zeidner waren in den Lagern Parkomuna, Almasna, Nikanor und Makeewka im Donezbecken interniert. Bis 1949 kehrten 300 Deportierte nach Zeiden zurück, rund 100 Zeidner wurden nach Deutschland entlassen, während rund 100 in der Deportation verstarben. Hart getroffen wurden die Sachsen durch die totale Enteignung im März 1945 und durch die Verstaatlichung der Industrieunternehmen und größeren Werkstätten, des Handels und des Bankenwesens am 11. Juni 1948.

Zeiden erhielt am 8. September 1950 das Stadtrecht. Am 8. Mai 1952 wurden 40 sächsische Familien aus Zeiden (144 Personen) in andere Landesteile zwangsumgesiedelt und durften erst 1954 zurückkehren. Die früheren sächsischen Besitzer erhielten 1954 ihre Häuser und Höfe zurück.

Mit der Nachkriegsindustrialisierung änderte sich das Erscheinungsbild Zeidens: In den fünfziger Jahren entstanden die ersten Wohnblocks, weitere Wohnblockviertelfolgten in den siebziger und achtziger Jahren. In diese neuen Viertel wurden mehrheitlich Rumänen aus der Moldau und der Walachei angesiedelt, was zu einer Veränderung der ethnischen Struktur der Stadt führte.

Bedingt durch die wachsende politische Unfreiheit und die wirtschaftliche Misere im nationalkommunistischen Rumänien von Nicolae Ceausescu, kam es in siebziger, und vor allem in den achtziger Jahren zu einem stetig wachsenden Wunsch zur Auswanderung und somit zu einer kontinuierlichen Schwächung der sächsischen Gemeinschaft. Nach dem Sturz des Diktators während er Revolution vom Dezember 1989 folgte 1990 der Massenexodus der Zeidner Sachsen, als 1081 von 2169 (am 1. Januar 1990 gezählten) evangelischen Zeidner Sachsen ihren Heimatort verließen. Die Auswanderung ging, wenn auch nicht mehr in dem Umfang, auch in den nächsten Jahren weiter.

Die Zeidner Kirchengemeinde wurde von 1990 bis 2001 von Stadtpfarrer Heinz Georg Schwarz geleitet, seit 2002 steht Stadtpfarrer Klaus-Martin Untch der Kirchengemeinde vor. Im November 1992 wurde auch Initiative des Kirchenkurators Arnold Aescht in der Belgergasse eine Altenhilfe "Essen auf Rädern" eingerichtet, die auch benachbarte Gemeinden im Burzenland beliefert.

Mitte September 2000 erhielt Zeiden den Titel eines Munizipiums verliehen. Im Jahr darauf wurden die Einfahrten in die Stadt mit zweisprachigen rumänisch-deutschen Ortstafeln ausgestattet.

Im Jahr 2004 wurde im Vorfeld der landesweiten Kommunalwahlen im Juni 2004 das Demokratische Forum der Deutschen in Zeiden gegründet. Bei den Kommunalwahlen erhielt das Forum auf Anhieb zwei Sitze im Stadtrat.

Bevölkerungsentwicklung

Bei der ältesten bekannten Volkszählung für das Burzenland 1510 werden in Zeiden 142 Hauswirte, 4 Siedler, 11 Witwen, 8 arme Leute und 10 wüste Häuser aufgeführt. Im Jahre 1814 hatte Zeiden 3 264 Einwohner, davon 2 445 Evangelische und 819 Orthodoxe. 1930 waren es 5 219 Einwohner, davon 3 111 Sachsen, 1 916 Rumänen und 152 Ungarn. 1983 hat die Stadt rund 25 000 Einwohner, davon rund 3 000 Sachsen und 1 000 Ungarn. Seit 1990 nimmt die Zahl der Sachsen kontinuierlich ab. Während die evangelische Kirchengemeinde 1990 noch 2 169 Seelen zählte, waren es ein Jahr später 1 060 Seelen und am 1. Januar 2005 nur noch 474 Evangelische. Bei der Volkszählung 1992 wurden insgesamt 24 467 Einwohner in Zeiden verzeichnet.

Kirche und Kirchenburg

Evangelische Kirche Zeiden

Die Kirchenburg mit der evangelischen Kirche ist das älteste und bedeutendste Baudenkmal Zeidens. Die Kirche stammt aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts und ist die einzige Kirche des Burzenlandes ohne Kirchturm. Von der ursprünglichen romanischen Kirche ist nur das Westportal erhalten, im 15. Jahrhundert wurde das Gotteshaus in eine gotische Saalkirche umgebaut. 1702 wurde die Kassettendecke mit 252 bemalten Feldern hergestellt. Aus dem Nachlass des Sachsengrafen Sachs von Harteneck erwarb die Gemeinde 1709 die Orgel. 1789 baute der Schlesier Johann Prause mit Benutzung der alten eine neue Orgel, die heute zu den wertvollsten Instrumenten dieser Art Siebenbürgens zählt. Der vom Frauenverein gestiftete neugotische Altar stammt ebenso wie das neugotische Taufbecken von 1904, die Kanzel wurde 1841 gebaut.

Die Kirchenburg hat einen ovalen Grundriss mit 85 Metern Durchmesser und ist somit die größte Kirchenburg des Burzenlands. Bis auf eine Unterbrechung im Südosten (Rathausbau) ist die 8 - 10 Meter hohe Ringmauer gut erhalten. Ihr Innenring ist wie in den anderen Burzenländer Gemeinden mit Fruchtkammern versehen. Von den vier Wehrtürmen stehen heute noch drei: der Weberturm, der Böttcherturm (eigentlich "Bednerturm") und der zumGlockenturm umgebaute Schmiedeturm. Der 65 Meter hohe Glockenturm mit den vier Glocken steht südöstlich der Kirche. 1979 - 1982 werden umfangreiche Restaurierungsarbeiten an der Kirchenburg durchgeführt, die vor allem durch den freiwilligen Arbeitseinsatz der 26 Zeidner Nachbarschaften getragen wurden.

Schulwesen

Die erste urkundliche Erwähnung einer Schule in Zeiden stammt aus dem Jahr 1510, als bei der Volkszählung ein "scolasticus" (Schulmeister) erwähnt wird. Dass die Schule jedoch viel älter ist, zeigen die Matrikeln der Universität Wien, in denen 1408 ein Jakobus de Czidino als Student erscheint. Weitere Zeidner studierten im 15. und 16. Jahrhundert in Wien und Krakau. Im Jahr 1829 zählte die Schule 430 Schüler und drei Lehrer. Eine Volksschule mit acht Klassen und acht Lehrern wurde 1880 eingeführt. Der erste rumänische Lehrer in Zeiden wird 1795 erwähnt.

Alle Volksschulen wurden 1959 zu einer einzigen Schule mit je einer rumänischen, deutschen und ungarischen Abteilung zusammengelegt. Die deutsche Abteilung der Allgemeinschule Nr. 1 zählte 1980 in 17 Klassen 544 Schüler, in den achtziger Jahren gab es deutsche Lyzealklassen am Gartenbau- und Chemielyzeum.

Als erste Landgemeinde Siebenbürgens erhielt Zeiden 1881 einen Kindergarten, 1980/81 gab es in zwei Kindergärten fünf deutsche Gruppen mit fast 150 Kindern.


Kultur und Vereine

Die Nachbarschaften waren bis Ende des 19. Jahrhunderts dem Ortsrichter und Gemeinderat unterstellt, erfüllten jedoch auch Aufgaben im kirchlichen Bereich. Das Statut zur Neuordnung auf kirchlicher Grundlage wurde in Zeiden 1903 angenommen. 1954 erfolgte die Neueinteilung in 24 Nachbarschaften, später kamen noch zwei in den neuen Wohnvierteln hinzu.

Der Evangelische Ortsfrauenverein wurde 1887 mit 118 Mitgliedern gegründet, 50 Jahre später zählte er 696 Mitglieder. Während der Amtszeit von Stadtpfarrer Hermann Thalmann (1972 - 1990) übernahm der Ausschuss für Nächstendienst die Rolle des Frauenvereins. Durch Erlöse aus Verkaufsausstellungen und Spenden konnte dieser in den schwierigen Zeiten vielen Menschen helfen, 1989 beispielsweise wurden für die Weihnachtsbescherung 800 Päckchen für Kinder und 160 Pakete für erwachsene Bedürftige zusammengestellt.

Zeidner Waldbad

Der 1889 gegründete Zeidner Verschönerungsverein errichtete 1904 an der Felsenquelle des Goldbachs das Zeidner Waldbad, das 1932 - 1936 weiter ausgebaut wurde.

Zeiden hatte im 19. und 20. Jahrhundert ein reges und äußerst vielfältiges Kulturleben. Der "Kirchenadjuvantenchor", die erste Blaskapelle des Burzenlandes, wurde 1838 gegründet, 1890 folgte neben der bestehenden Bläsergruppe eine zweite Kapelle. Bis 1990 gab es in Zeiden jeweils zwei Bläserformationen: eine "alte" und eine "junge" Blasmusik. 1861 wurde der Gemischte Chor gegründet, der seit 1923 Zeidner Kirchenchor heißt. Der Zeidner Männerchor wurde 1884 gegründet, 1897 ein Knabenchor und 1898 ein Jugendchor. Um 1902 entstand das halbsymphonische Streichorchester, 1907 der Theaterverein. Im 1929 gegründeten Zeidner Gitarrenkränzchen wurden bis in die achtziger Jahre mehrere Generationen junger Gitarrenspieler herangebildet, 1936 entstand der Frauenchor.

Nach dem Zweiten Weltkrieg nimmt der Männerchor 1956 seine Tätigkeit wieder auf. In den siebziger Jahren gibt es einen Mädchensingkreis und einen Jugendchor, 1974 wird der Frauenchor wieder gegründet. Männer- und Frauenchor bildeten gleichzeitig auch den Gemischten Chor des Kulturhauses. 1955 bis 1990 gibt es weitere deutsche Kulturgruppen: mehrere Theatergruppen und Tanzgruppen, Schülerchöre, das bekannte "Zeidner Trio", Unterhaltungsorchester, die "Zeidner-Berg-Musikanten" und den Kinderchor "Zeidner Spatzen". Diese Gruppen bestritten gemeinsam unzählige kulturelle Veranstaltungen mit Ausfahrten in viele Ortschaften Siebenbürgens.

Im Rahmen der Volkshochschule Zeiden wurden mehrere Kreise gegründet: 1956 der Literaturkreis "Michael Königes", 1971 der Arbeitskreis für Volks- und Heimatkunde "Cidonia" und 1976 der Kreis für Naturwissenschaften. Sie veranstalteten in Zusammenarbeit mit den Zeidner Kulturgruppen sehr gut besuchte Vortragsabende.

Von allen Kulturgruppen bestand nach 1990 nur der Kirchenchor weiter. Unter dem Musikwart und Organisten der Kirchengemeinde, Klaus-Dieter Untch, blüht heute das musikalische Leben der Kirchengemeinde wieder auf. Ebenfalls ihren Beitrag leisten die sächsischen und deutschsprachigen rumänischen Jugendlichen die in der Tanzgruppe des Zeidner Jugendvereins aktiv sind, eine Gruppe die Ende der neunziger Jahre neu gegründet wurde.

Das Zeidner Schulfest war das Fest der evangelischen Volksschule und fand erstmals am 7. Juni 1874 statt. 1904 wird vom Verschönerungsverein der neue Schulfestplatz unterhalb des Zeidner Berges angelegt. Nach dem Krieg wird das Fest 1969 wieder belebt und hieß seither Zeidner Kronenfest. Dieses "Volksfest" der sächsischen Bevölkerung Zeidens wurde von den deutschen Kulturgruppen gestaltet, daran nahmen jeweils über 2 000 Menschen teil. Der Höhepunkt dieses Festes war der Marsch der bis zu 1 000 Kinder durch den "Wunderkreis" und das Besteigen der 15 Meter hohen Festkrone. Das Fest wurde 1989 zum letzten Mal von den Zeidner Sachsen gefeiert. Im Jahr 2000 wurde es vom deutschen Zeidner Jugendverein wieder aufgenommen, und wird seither zusammen mit der rumänischen Bevölkerung als eine Art Stadtfest gefeiert.

Wirtschaft

Zu Beginn des 14. Jahrhunderts begann sich in Zeiden das Handwerk zu entwickeln. Belegt sind die Zünfte der Fassbinder, Leinenweber, Schmiede, Schuster und Wagner. Wirtschaftlich bedeutsam war die Leinenweberzunft, die 1513 erstmals schriftlich erwähnt wird. Im Jahr 1769 umfasste diese Zunft 104 Meister, 24 Gesellen und 31 Lehrlinge. Seit 1761 ist der Jahrmarkt in Zeiden nachgewiesen, 1779 wurde er bestätigt und findet bis heute zweimal jährlich, am Georgen- bzw. Michaelistag, statt.

Nach Auflösung der Zünfte 1872 entwickelte sich die Industrie, vor allem die Holzindustrie. 1878 eröffneten die Brüder Hornung eine Sesselfabrik, 1879 gründete Johann Horvath die erste Werkzeugfabrik Siebenbürgens. Von großer wirtschaftlicher Bedeutung war die Eröffnung des Elektrizitätswerkes 1903, des dritten in Siebenbürgen nach Klausenburg und Hermannstadt. Weitere Fabriken wurden eröffnet, darunter die Werkzeugfabrik Georg Wenzel & Bruder (1904), die Holzwarenfabrik von Robert Christel (1908), die Sägewerke von Peter Gross bzw. Mathias Göbbel und die Weberei von Georg Mieskes. Der wirtschaftliche Aufschwung war zum Großteil dem 1872 gegründeten Geldinstitut "Zeidner Spar- und Vorschußverein" zu verdanken. 1908 wurde Zeiden an das Eisenbahnnetz angeschlossen. In der Zwischenkriegszeit entstanden neue Industriezweige. Das deutsche Unternehmen I.G. Farben eröffnete 1936 eine Chemiefabrik, die den Namen "Colorom" erhielt.

Nach der Verstaatlichung von 1948 entstanden weitere Industrieeinheiten. Die größten Betriebe in den achtziger Jahren waren das Farbstoffunternehmen "Colorom" mit zeitweilig über 2 300 Beschäftigten, das Maschinenbauunternehmen IMC, die Möbelfabrik "Magura" und die Weberei.

Die um 1900 abgeschlossene Flurbereinigung (Kommassation) führte zur Entwicklung einer modernen Landwirtschaft. In den dreißiger Jahren beschäftigten sich die meisten Bewohner Zeidens mit der Landwirtschaft. Eine besondere Stellung nahm die Blumenzucht ein: 1886 wurden die ersten Treibhäuser gebaut, 1896 eröffnete die erste Kunstgärtnerei, 1924 bestanden acht Gärtnereien. Von 1950 bis 1959 wurde in der Landwirtschaft die Kollektivierung durchgeführt, die Zeidner Gärtnereien wurden nach ihrer 1953 erfolgten Enteignung zu einem einzigen Unternehmen zusammengeschlossen. An der Kronstädter Straße wurde 1969 ein Treibhausgroßbetrieb ("Sere Codlea") eröffnet, der 1982 über eine Gesamtfläche von 57,5 Hektar unter Glas verfügte. Bekannt wurde Zeiden durch diese Treibhäuser im ganzen Land, vor allem durch die Nelkenzucht, die 70 Prozent der Blumenzucht ausmachte.

Nach dem Umsturz von 1989 ging es mit den meisten Betrieben steil bergab, viele Beschäftigte der maroden Unternehmen werden arbeitslos, die Privatisierung kam nur langsam voran. Im Vergleich zum Durchschnitt des Kreises Kronstadt hat Zeiden eine relativ hohe Arbeitslosenrate. Es gibt aber auch erfreuliche Nachrichten, durch das Entstehen neuer Firmen. So konnte bspw. "Rolem", eine Tochter des Merceds-Benz-Zulieferers Dräxlmaier, eröffnen, der heute der größte Arbeitgeber der Stadt ist. Im landwirtschaftlichen Bereich wurde die LPG aufgelöst und der Boden zum Teil an seine früheren Besitzer zurückerstattet.

Zeiden heute

Die evangelische Kirchengemeinde wird seit ein paar Jahren von Stadtpfarrer  Klaus Martin Untch geleitet. Ihm zu Seite steht der rührige Kurator Arnold Aescht. Dieser leitet auch das Deutsche Ortsforum, das am 2. März 1990 gegründet wurde, sowie den 1992 gebildeten "Evangelischen Landwirtschaftlichen Kirchenverein Zeiden". Auf Initiative von Aescht wurde 1992 eine Altenhilfe "Essen auf Rädern" ins Leben gerufen, eine Einrichtung, die weiter unter seiner Regie läuft und auch andere Orte des Burzenlandes versorgt. Als einzige Chorvereinigung Zeidens nach 1990 besteht der Kirchenchor weiter. Zeiden hat heute ein Schulzentrum mit einer deutschen einzügigen Achtklassenabteilung, die 1995/96 von 165 Schülern aus Zeiden und Heldsdorf besucht wurde.

Die Zeidner Nachbarschaft in Deutschland

Wappen der Zeidner Nachbarschaft

Nach dem Krieg waren 350 Zeidnerinnen und Zeidner in Deutschland und österreich verblieben. Erste Zusammentreffen gab es in München, Offenbach und Stuttgart. Beim ersten gemeinsamen Treffen der Zeidner 1953 in Stuttgart wurde die "Zeidner Nachbarschaft" in Deutschland gegründet (damals wurde der heutige Begriff "Heimatortsgemeinschaft" noch nicht verwendet), zum Nachbarvater wurde Balduin Herter gewählt. Von 1980 bis 2003 leitete Volkmar Kraus die Nachbarschaft, seit 2003 steht ihr Udo Buhn vor. Die erste Nummer ihres Heimatblattes "Zeidner Gruß" erschien zu Weihnachten 1954 und war die erste Veröffentlichung dieser Art bei den Siebenbürger Sachsen. Gegründet wurde das Blatt durch Balduin Herter, es erscheint bis heute zweimal jährlich.

Die Nachbarschaft zählt heute etwa 1 500 Mitglieder. Seit 1953 wird jedes dritte Jahr ein großes Zeidner Treffen organisiert. Jedesmal findet dabei ein reichhaltiges Kulturprogramm statt, zu dem auch Sportveranstaltungen, Tanz, Gemütlichkeit, der Richttag und ein Gottesdienst gehören. Groß gefeiert wurde das 50jährige Jubiläum der Nachbarschaft beim 17. Nachbarschaftstreffen 2003 in Ludwigsburg, wo sich rund 1500 Zeidnerinnen und Zeidner aus aller Welt ein Stelldichein gaben. Jährlich finden zudem regionale Treffen in München und bis vor einigen Jahren auch in Kirchberg/Murr bei Stuttgart statt. Hinzu kommen die jährlichen Zeidner Skitreffen, 2005 fand das 20. Skitreffen in Folge statt.

Als erste Burzenländer Trachtengruppe beteiligte sich die Zeidner Nachbarschaft 1992 am Trachtenumzug beim Münchner Oktoberfest, ebenso 1997. Seit 1992 besteht die Zeidner Blaskapelle in Deutschland weiter, man trifft sich unregelmäßig zu Proben und hat Auftritte bei den Zeidner Treffen und in verschiedenen Kreisgruppen der Landsmannschaft. Zusammengefunden hat in Deutschland auch das Gitarrenkränzchen unter der Leitung von Effi Kaufmes.

Wichtig für die Nachbarschaft ist die Sammlung von Dokumenten mit Fotoarchiv zur Ortsgeschichte, Genealogie und Hofgeschichte, ein "Ortsgeschichtlicher Gesprächskreis" belebt diese Initiative. Einen lebendigen Kontakt pflegt man zur Kirchengemeinde in Zeiden, die umfangreiche Hilfe unter anderem für die Weihnachtsbescherungen, Essen auf Rädern und die Friedhofspflege erhält.

Das Heimatbuch "Zeiden. Eine Stadt im Burzenland", aus dem auch die meisten Angaben dieses Beitrags stammen, erschien 1994 und wurde von Gotthelf Zell verfasst. Die Zeidner Nachbarschaft veröffentlicht eine Schriftenreihe unter dem Namen "Zeidner Denkwürdigkeiten", die verschiedenen Themen gewidmet ist.

Wichtig für die Zeidner Nachbarschaft ist der Brückenschlag in die Heimatstadt. Der Kontakt der Nachbarschaft zur Kirchengemeinde in Zeiden und den dort lebenden Sachsen ist sehr gut und intensiv. Zeugnis davon lieferten die beiden "Begegnungen in Zeiden" die dort 1997 und 2004 stattfanden. Über 300 Zeidnerinnen und Zeidner aus Deutschland nahmen im August 2004 an dem überaus gelungen Fest teil, bei dem auch das 100jährigen Jubiläum des Zeidner Waldbades gefeiert wurde. Es ist der Zeidner Nachbarschaft zu wünschen, dass ihre Aktivitäten den Gemeinschaftssinn der Zeidner Sachsen in Deutschland noch lange weiterleben lässt.