10/06/20
MoWaner hinterm Schnupftuch
Man muss alles mal ausprobiert haben, damit man mitreden kann, sagt ein alter Spruch. Und das haben wir getan. Bevor man sich gar nicht mehr sieht, biss man in den „sauren Apfel“, den die Covid-19-Pandemie der Welt beschert hat. 33 Zeidner hängten sich diese Tüchlein um und betraten am 25. September 2020 nach und nach den Ferienhof Birkenau. Statt Handschlag gab es Ellenbogencheck – und die Augen strahlten wie eh und je!
Aus der Not eine Tugend machend, händigte Organisator Kuno Kraus jedem, der kein Spielverderber sein wollte, eine exquisite Version des Mundschutzes aus. Pfarrer Andreas Hartig war im Frühjahr ein toller Schnappschuss vom Schnakendorfer See vor dem Zeidner Berg gelungen. In Absprache mit dem Vorstand der Zeidner Nachbarschaft hatte Kuno dann Schlauchschals mit diesem Motiv bedrucken lassen. Darauf prangen auch das Zeidner Wappen und die Logos von Motorradfreunden, Wanderfreunden und Skitreffen.
Während die Motorradfahrer, Wanderer und Fahrradfahrer eintrafen, wurde schon das reichhaltige Nudelbuffet aufgebaut. Die Soßen-Auswahl war groß – und manch einer probierte begeistert einfach alles quer durch. Adrian Königes hatte bereits seine Anlage aufgebaut, und kaum waren die Buffetmöbel weggeschoben, stand schon der erste auf der Tanzfläche. Jürgen Kraus, zum zweiten Mal dabei, tanzte so mitreißend, dass sich die große Tanzfläche bald „füllte“. In Corona-Zeiten sind wir natürlich bescheidener, was die Auslastung einer Disco betrifft, und so kann man das durchaus mit „gefüllt“ bezeichnen.
Ursprünglich waren rund 50 Zeidner angemeldet. Einige sprangen bereits im Frühsommer ab, andere sagten leider erst in den letzten Tagen vor dem Treffen ab – sei es im Hinblick auf die Wetter-App oder aus gesundheitlichen Gründen. Einer war sogar in Quarantäne, weil in der Schule ein Corona-Test positiv war. Wie vieles in der Welt hatte auch das sein Gutes, denn es fiel uns leicht, Abstand zu halten. Andererseits war das ganze Haus nur für uns reserviert, und so trafen die Absagen vor allem die Wirtsleute. Die Anwesenden ließen sich aber davon nicht die gute Laune nehmen. In anregenden Gesprächen schilderte man sich die Erfahrungen dieses verqueren Jahres, zückte Fotos von den Enkeln und fachsimpelte über Sportliches. Es wurde gefuttert, gekartelt und getanzt. Und bis drei oder vier Uhr nachts kam auch so manches Glas Wein weg. Die Grundlage dafür schaffte auch Udos Mitternachtssnack mit evangelischem Speck.
Beim Frühstück gab es zwei Parteien in den beiden großen Räumen: die Familie Kraus, mit elf Mitgliedern eine unglaublich zahlenstarke, sehr jugendlich durchsetzte Gruppe, und die anderen, vor allem solche, die schon seit der ersten Stunde bei den Motorradtreffen sind, allen voran der älteste Teilnehmer, Udo Buhn. Jüngste Teilnehmerin war mit zwölf Jahren Angelika, heuer leider allein in dieser Altersgruppe. Das nächste Treffen soll kurz vor Schulanfang stattfinden, vom 10. bis 12. September 2021, dann dürfte wieder mehr Jugend dabei sein. Und wenn wir schon bei den Extremen sind: Organisator Kuno, der mit Frau und Sohn aus Landsberg angereist war, hatte den kürzesten Weg, den längsten mit über 600 Kilometern Adis Freundin Katharina aus Dormagen, deren fröhliches, offenes Wesen Kreise zog.
Leider hatte der Wettergott heuer das MoWa-Treffen gehörig verschlafen. Oder hatte er nur Mitleid mit der ausgedörrten Natur? „Bei gutem Wetter kann ja jeder wandern!“, gab man sich tapfer und stakste am Samstagmorgen in anhaltend leichtem Regen in kleinen Grüppchen durch Wald und Wiesen. Dabei waren die Waldabschnitte sehr begehrt, wo das Blätterdach den Niesel zu nur gelegentlich fallenden Tropfen konzentrierte. Aber vor allem, weil dort der eisige Wind nicht zu spüren war.
Dafür fühlten wir uns wie Helden, als wir das Gasthaus „Tannenhof“ erreichten. Umgeben von Wald liegt es auf einer Hügelkuppe. Durch den großen Wintergarten fiel trotz des trüben Wetters viel Licht auf die romantisch verspielte Innendeko. Eine Hälfte des Saals hatten wir fast nur für uns. Warm und gemütlich war es hier! Wir gönnten uns einen Imbiss und hatten viel zu erzählen. Erfreulicherweise wurde die Wolkendecke immer dünner, so dass es zunehmend aufhellte.
Der Regen aber blieb auch auf dem Rückweg unser Begleiter. Allmählich weichte er die Wege auf, so dass wir froh waren, als fünf Kilometer später wieder Dettenschwang in Sicht kam und uns nach ein paar Schlenkern durch das schmucke Dörfchen der Ferienhof wieder aufnahm. Cappuccino, heiße Schokolade oder auch ein Kaltenberger Bier kamen da gerade recht. Nach einer warmen Dusche und zuweilen auch einem kleinen Schläfchen nahmen die Lebensgeister wieder Fahrt auf.
Bald stand Michael Koller am Holzkohlegrill, und seine Frau Petra beeilte sich, das üppige Salat-Buffet nun auch mit Halsgrat, Bratwurst, Cevapcici und Putenbrüstchen zu bestücken. DJ Adi führte anschließend vor, was er auf dem Kreuzfahrtschiff Aida aufgelegt hatte, und man sprach am nächsten Morgen davon, dass die Scheiben gebebt hätten unter dem Druck der Bässe. Ein Glück, dass es am Ortsrand keinen Anwohner stört und Petra Koller selbst so eine Discoqueen ist, dass sie es kaum erwarten kann, uns wieder im Haus zu haben.
Zahlreich zieren die blauen Zeidner Tüchlein das Gruppenfoto am Sonntagmorgen – endlich in gleißendem Sonnenschein! Endlich Bergblick! Frisch verschneit bannten die Fotografen Udo Buhn und Lutzi Popa das Alpenpanorama aufs Bild. Ein Scherzkeks machte ein Foto vom Schwimmbecken vor der Berglandschaft. Dieses Wochenende hatte keiner seinen Zeh hineingehalten, aber vielleicht im nächsten Jahr wieder. Die Radfahrer packten ihre Drahtesel auf den Anhänger; zwar war es trocken und sonnig, aber zum Fahren bei nur fünf Grad noch viel zu kalt. Die Motorradfahrer strahlten: Im Sonnenschein machte selbst der Heimweg Freude.
Genau genommen war es kein MoWa-, sondern ein Disco-Treffen mit einer kleinen Wanderung. Aber hey!, wer wird das schon so genau nehmen? Schön war’s, und wir haben viel zu erzählen und noch mehr Grund wiederzukommen – um das ganze Treffen im Sonnenschein zu erleben. Vielleicht sogar beim Wandern zur „Schatzbergalm“, von wo der Blick über den Ammersee und das Kloster Andechs schweifen kann. Wir kommen wieder, keine Frage! Gott erheoelt oech, end blaiwt gesand och moanter!
Carmen B. Kraus, Landsberg am Lech
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