Die dritte Begegnung
Freitagvormittag – Eine Legende wird zu Grabe getragen und 11.000 Euro gespendet
Nach den vielen klugen und nachdenklichen - zugegeben, manchmal auch etwas zu langatmig geratenen Begrüßungsreden gestern Nachmittag auf dem Kirchhof setzte heute Vormittag der Historiker Liviu Campeanu einen inhaltlichen Höhepunkt der Veranstaltung, in dem er aktuelle Forschungsergebnisse zu Zeidens Gründung vorstellte.
Nicht ganz so pünktlich wie gestern bei der Eröffnung begrüßte Kirchenkurator Peter Foof kurz nach zehn Uhr morgens die Festgemeinde in der Kirche, um in einer Jubiläumsveranstaltung der 800 Jahre seit der Gründung des Burzenlandes durch den Deutschen Orden zu gedenken. Der promovierte Historiker Campeanu, der im Archiv der Honterus-Gemeinde arbeitet, ging in seinem Festvortrag auf das Wirken des Deutschen Ordens im Burzenland im Allgemeinen und auf die historische Entwicklung Zeidens im Besonderen ein. Dabei räumte er mit einer Zeidner Legende auf, was vielleicht in den nächsten Jahren noch für Diskussionsstoff sorgen könnte. Er meinte nämlich, dass die Schwarzburg keine vom Orden erbaute Burg sei, dafür gebe es keinen einzigen Beleg. Er vertrat die These, dass die Schwarzburg eine sogenannte Königsburg sei, die die ungarischen Könige zum Schutz gegen die Mongoleneinfälle bauten. Die einzige schriftliche Erwähnung dazu stamme aus dem Jahre 1267 und die erste urkundliche Nennung Zeidens aus dem Jahre 1377.
Der Historiker wusste allerdings zu berichten, dass zahlreiche Belege darauf hindeuten, dass Zeiden im Mittelalter ein wohlhabender Marktflecken war. Beweise dafür waren etwa die fünf Zünfte, die schon sehr früh gegründete Schule oder die vier Mühlen. 1510 - bei einer ersten Volkszählung wohnten in Zeiden 125 Familien, und es war damit nach Tartlau der zweitgrößte Ort im Burzenland. Nach 1612, dem Jahr des letzten Angriffs auf die Zeidner Kirchenburg, erlebte der Ort Jahrhunderte der Prosperität, wie Campeanu ausführte. Der Historiker glänzte in seinem Vortrag mit Detailwissen zu Zeidens Geschichte, auf das sicherlich später auch die Hobbyhistoriker unserer Gemeinde noch zurückgreifen werden.
Anschließend berichtete der Vorsitzende der Stiftung Zeiden, Helmut Adams, über die 1997 gegründete Einrichtung, die als letztes großes Projekt die Digitalisierung des Zeidner Kirchenarchivs unterstützte und auch alle Schritte bezahlte.
Danach überreichte Nachbarvater Udo Buhn der Zeidner Kirchengemeinde einen Scheck über 11.950 Euro für die Renovierung der Orgel. Den überdimensionalen symbolischen Scheck nahmen Pfarrer Andreas Hartig und Organist Klaus Untch entgegen, der sich im Namen der Kirchengemeinde für dieses großzügige Geschenk bedankte. Gespendet haben Zeidner aus der ganzen Welt nach einem Aufruf im „Zeidner Gruß“.
Für die musikalische Umrahmung sorgte der Kirchenchor, das Zeidner Gesangstrio mit Effi Kaufmes, Diete Meier und Netti Königes, die auch solo ein Stück zum Besten gab. Zum Abschluss der Veranstaltung spielte Klaus Untch noch eine eigene Komposition auf der für das Treffen provisorisch funktionstüchtig gemachten Orgel. Endgültig fertiggestellt soll sie im Sommer 2012 sein.
Freitagnachmittag - eine gelungene deutsch-rumänische Kultursymbiose
Auf dem Programm stand nun der „Bunte Nachmittag“ im Kulturhaus der Stadt, zu dem auch die Bürger der Stadt eingeladen waren. Und wie zu erfahren war, sind doch auch Zeidner Rumänen der Einladung zu dieser Veranstaltung gefolgt. Erfrischend unkompliziert und mit klarer Aussprache moderierten die beiden Mitglieder der deutschen Jugendtanzgruppe Christine Vladarean und Andor Barabas zweisprachig diesen Nachmittag.
In seiner kurzen Eröffnungsrede ging Kulturhausdirektor Petre Buhnic auf das erfolgreiche deutsche Kulturleben der früheren Jahre der Stadt ein und erwähnte die Preisträger von Landeswettbewerben wie Otmar Zeides, die Königes-Schwestern, Klaus Otto und Norbert Petri. In den nächsten zweieinhalb Stunden folgte dann eine sehr gelungene Mischung aus siebenbürgisch-sächsischem und rumänischem musikalischen und künstlerischen Können. Die Rumänen präsentierten temperamentvolle Volkstänze, etwa die berühmten „calusari“, von einer Sängerin waren fröhliche Lieder zu hören und schließlich riss ein Volksensemble mit der „Ciocarlia“ die Zuschauer zu Begeisterungsstürmen hin.
Als Kontrast dann die beiden deutschen Tanzgruppen - etwa mit einem Tanz, den schon Generationen von Kindern und Schülern mitmachten: „De reklech Med“. Sie machten ihre Sache gut, und wie die Moderatoren zu berichten wussten, haben beide Tanzgruppen – sowohl die der Kinder als auch die der Schüler, Volkstanzwettbewerbe gewonnen. Der Zeidner Kirchenchor unter der Leitung von Klaus Untch sang einige Volkslieder. Mit einem nachdenklicheren Teil, etwa dem Rudi-Gross-Lied „Ein Dorf im Burzenland“, und danach einem flotteren Swingpart trat das Gesangstrio auf.
Zusätzlich präsentierte es das Gedicht „Somnoroase pasarele“ von Mihai Eminescu deutsch und rumänisch in einer wunderbaren musikalischen Bearbeitung von Professor Heinz Acker. Aufgelockert wurde das Programm durch Gedichte des Zeidner rumänischen Dichters Tudor Paun und der nach Rostock ausgereisten Daniela Boltres, die ihre eigenen Verse zu Zeiden und dem Thema Ausreise zweisprachig rezitierte.
Den krönenden und mit viel Applaus begleiteten Abschluss bildete die Burzenländer Blasmusik, die durch acht aus Deutschland angereiste Zeidner Musikanten ergänzt wurde. Die Zeidner Musiker waren danach voll des Lobes und schwer beeindruckt vom Können der Burzenländer Kollegen, die unter der Leitung des Musiklehrers Vasile Glavan spielen. Über die Hälfte der Musiker soll nämlich in Kronstadt in Profiorchestern tätig sein – und das hörte man auch.
Freitagabend – ein runder Abschluss
Wer meinte, mit dem Gehörten und Gesehenen im Kulturhaus sei an diesem Tag alles Wichtige gelaufen, musste sich eines Besseren belehren lassen. Die Burzenländer Blaskapelle setzte zur Freude der Gäste ihr Konzert im Burgrestaurant fort, und sofort war die Tanzfläche belegt – wie man das von anderen siebenbürgischen Veranstaltungen kennt. Über zwei Stunden rissen sie mit flotten Stücken die Zeidner von den Stühlen, die gar nicht genug von der Musik bekommen konnten. Zuvor aber lud Nachbarvater Udo Buhn zu einem Kurzvortrag – ebenfalls in der „Burg“ ein. Er hatte eine Menge Material gesammelt und viele alte Schriften zur Geschichte dieses Restaurants ausgewertet, das in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiert. Nach Vortrag, Blasmusik und Abendessen spielte die Band von Virgil Badulescu auf, den einige noch kannten, als er in den 60ern die deutsche Schule besuchte. Gegen Mitternacht erreichte die Stimmung ihren Höhepunkt, als alle Gäste bei gemeinsamen Tänzen wie Hora, Sarba, „Pinguin“ begeistert mitmachten. Man muss dazu sagen, dass da schon die älteren Zeidner nicht mehr im Saal waren und die Jugendlichen der Tanzgruppe sowie die angereisten Zeidner Junggebliebenen gemeinsam einen Riesenspaß hatten.
Persönlicher Kommentar: Mehr Zeiden an einem einzigen Tag geht nicht.
Eine Bildergalerie von der 3. Begegnung in Zeiden finden Sie hier.