Zeidner und Zeiden bereitet sich auf das Treffen vor

Donnerstag, 8. September, vormittags

Überall in der Stadt trifft man bekannte Gesichter, im Kirchhof ist emsige Betriebsamkeit, in der Kirche übt das Gesangstrio und vor dem Kulturhaus stützen sich einige Leute auf ihre Besenstiele. Der Bürgermeister hat angeordnet, die Stadt auf Vordermann zu bringen. Die nächsten drei Tage ist der Ort unter dem Zeidner Berg im Ausnahmezustand: über 200 Gäste sind zu Besuch, wollen ihre Geburtsstadt, den Ort, in dem sie großgeworden sind, mit dem sie soviel verbindet, sehen und erleben. Es sind auch Jüngere dabei, die das erste Mal dabei sind und den Geburtsort der Eltern beziehungsweise Großeltern kennen lernen.

Mittwochabend trafen sich die ersten – wie zu den sogenannten besseren Zeiten im „Burg“-Biergarten. Immer wieder kamen noch einige dazu, saßen sich in die große Runde – und man tauschte sich munter aus – natürlich mit der klassischen Einstiegsfrage „Woi bast tau – weam gahoirst tau“. In diesem Zusammenhang gab Kurt Schoppel eine Geschichte zum Besten. In der Marktgasse kamen ihm zwei junge Männer entgegen. Er wollte wissen, „wem sie gehören“. Jürgen Zeides und Ralf Ziegler stellten sich vor, Kurt auch. Noch eher Kurt wusste, wie ihm geschah, umarmte ihn Ralf. Letzerer ist dabei, eine Dokumentation über die Motorradfreunde in Zeiden zu erstellen und er hatte erfahren, dass dieser besagte Kurt Schoppel viel zu diesem Thema weiß. Nun war er ganz froh, den Experten zum Thema auch persönlich kennengelernt zu haben.

Mittwochvormittag bereiteten Pfarrer Andreas Hartig mit Nachbarvater Udo Buhn und den ersten angereisten Zeidner Nachbarn die Ausstellung „800 Jahre Burzenland“ vor und bereits Dienstagvormittag wurden in einer Presbyteriumssitzung mit Vertretern der Nachbarschaft aus Deutschland die letzten Details des Treffens besprochen.

In der Kirche hat Siebenbürgens Orgelbauer Hermann Binder die Orgel soweit präpariert, dass sie für die nächsten drei Tage spielbereit ist, ganz fertig wird sie erst im Sommer 2012. Mit seinem Assistenten arbeitet er oft bis spät abends, um diesem beeindruckenden Barockstück aus dem Jahre 1783 zu einem schönen Klang zu verhelfen. Orgelbauer Prause kam so gegen 1779 aus Schlesien nach Kronstadt und baute in Siebenbürgen einige kirchliche Klangkörper, von der die Nachwelt auch heute noch schwärmt. Binder versichert, dass auch Zeidens Orgel – trotz fünf großer Reparaturen – zu 90 Prozent noch Prause sei. Und er räumte auch gleich mit einer Legende auf: Von der berühmten Harteneck-Orgel, auf die die Zeidner so stolz waren, gäbe es keine Spuren mehr. Prause hat eine komplett neue Orgel gebaut. Natürlich ließe sich über die Akustik streiten, da sie in anderen Kirchen besser sei, Binder erinnert aber daran, dass die Zeidner Holzdecke einiges an Klang „verschlinge“. Und im Übrigen beinhalte so ein Orgelspiel eine starke emotionale Komponente. Mit ihr sei man schließlich „großgeworden“, deshalb sei die Orgel des eigenen Heimatortes auch immer die mit dem schönsten Klang.

Auf die letzte Frage, wie die Situation in anderen Orten aussieht, meinte Binder nur, dass es zwar genug Arbeit gäbe, dass es letztendlich doch sehr stark auch vom finanziellen Engagement der Heimatortgemeinschaften in Deutschland abhänge, ob eine Reparatur zustande komme. So gesehen könnte es mit Zeiden ganz gut aussehen. Vor allem von diesem Treffen verspricht sich Organist Klaus Untch noch einen Spendenschub. Auf rund 15.000 Euro werden die Reparaturkosten geschätzt, rund 11.000 Euro haben die Zeidner gespendet – ein großartiges Ergebnis.

Eine gute Nachricht hatte auch Bürgermeister Alexandru „Puiu“ Popa mitzuteilen. In einem kurzen Gespräch erzählte er, dass der Stadt aus Mitteln der EU rund 3,8 Millionen Euro genehmigt wurden, um das alte Rathaus, das heutige Kulturhaus und die frühere Bibliothek zu renovieren. Die Vorschläge des Architekten, die bei der EU eingereicht wurden, wolle er im Foyer des Kulturhauses am Freitag beim „Bunten Nachmittag“ vorstellen.

Optimismus verbreitet Anne Untch. Die Grundschullehrerin weiß, dass in den deutschen Klassen der Großteil rumänische Kinder sind und sie die Existenz und Fortführung der Schule sichern. Die Grundschule, den Älteren als alte, neue Schule, späteren Generationen als „forestiera“ bekannt, erhielt durch eine einmalige – vor allem wahnsinnig großzügige Aktion der Templiner Kirchenpartnergemeinde eine neue Heizung. Der Bürgermeister spendete neue Fenster und die Eltern der Kinder zeigten – wie Anne versicherte – einen überdurchschnittlichen Einsatz – was sonstige Renovierungsarbeiten betrifft. Die Eltern haben gespachtelt, gestrichen, den Boden abgeschliffen. „So etwas ist in anderen Schulen kaum vorstellbar“ erzählt Anne.

Um 16 Uhr geht es dann richtig los. Wir möchten versuchen, alle, die nicht dabei sind, auf dem Laufenden zu halten – in Bild und Text.

 

Persönliche Bemerkung:

Diese drei Tagen werden nicht die Zeit für kritische Kommentare sein. Ich bin nicht blind und verschließe nicht die Augen vor den Realitäten, es geht aber um eine Würdigung all dessen, was hier geschieht und all derer, die sich hier mit Herz engagieren und ein gesellschaftliches und kulturelles Leben ermöglichen.

Hans Königes