Das war der Kommentar eines Mitmachenden bei der Jubiläumsveranstaltung der Zeidner Nachbarschaft Ende Juni in Dinkelsbühl. Der ergänzende Kommentar des Autors: Es hat sich aber auf jeden Fall gelohnt. Denn es war wieder eine Veranstaltung mit einem sehr abwechslungsreichen Programm – mit Kunst, Kultur, Unterhaltung, Tanz – natürlich und vor allem Umarmungen, Gespräche, Austausch im Großen wie im Kleinen. Und auch die Besucherzahl ist Anlass zufrieden zu sein.

Skeptiker hatten einen Rückgang der Gäste vorausgesagt: Die ältere Generation bleibt fern, auf die mittlere ist kein Verlass und auf die Jungen sollte man seine Hoffnung nicht setzen. Es wurden 335 „Mäschchen“, also unsere Eintrittskarten, verkauft, zehn mehr als vor drei Jahren, und es lässt sich getrost sagen, dass es wohl um die 400 Gäste waren, denn es gab auch viele Tagesgäste, die vor allem den Samstag bei schönsten Wetter für einen kurzen Ausflug in diese schöne fränkische Stadt nutzten. Besonders freuten sich viele Zeidner, dass Hermann Aescht mit seinen 98 Jahren (im Oktober wird er 99) ältester Teilnehmer, das Treffen besucht hat.

Und ja, so wie es die Diskussion um diese Mäschchen im Großen gibt, also zum Heimattag der Siebenbürger Sachen zu Pfingsten, als die Kulturreferentin des Verbandes, Dagmar Seck, in einem flammenden Appell in der „Siebenbürgischen Zeitung“ begründete, warum der Erwerb dieser Eintrittskarte so wichtig ist – so findet diese Diskussion auch im Kleinen auf solchen Nachbarschaftstreffen statt. Wenn dann zum Beispiel gesagt wird, man komme ja nur zum Klassentreffen oder bleibe nur ein paar Stunden. Und wieso der Eintritt so teuer sei?

Aber zurück zu den positiven Beobachtungen dieser gelungenen Veranstaltung. Eine davon: Früher begann das Treffen schon am Donnerstag-Fronleichnam; offizieller Beginn irgendwann um die Kaffeezeit, und die ältere Generation – also unsere Eltern  (ich bin Jahrgang 1958) standen schon Schlange vor Saaleröffnung, damit es endlich losgehe. Nun beginnen wir Freitagvormittag mit der offiziellen Eröffnung. Und trotzdem war die Stadtmitte schon ab Donnerstagnachmittag in der Hand der Zeidner. In den Straßencafés, in den Biergärten, überall traf man sie – die Zeidner. Eine davon brachte es auf den Punkt: „Wir hatten uns überlegt: Warum sollen wir zu Hause bleiben bei diesem schönen Wetter, wenn wir auch in Dinkelsbühl sein können.“

Zumal nun wir, die sogenannten Babyboomer, also die Generation der 1955 bis 1964 Geborenen vor dem Saal stehen. Die meisten sind nämlich in Rente, haben Zeit, sind in der Regel auch gesund, und können sich ganz so einem Treffen widmen. Bester Beweis: Beim Klassentreffen der goldenen Konfirmanden (Jahrgang 1960) als es um eine kurze Vorstellungsrunde ging, soll noch genau eine Person „richtig“ beschäftigt gewesen sein.

Wie das bei so einem Treffen üblich ist, gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm. Dazu gehört zum Beispiel die schon erwähnte Eröffnungsveranstaltung am Freitagvormittag und am Samstag dann der Richttag, in dem unter anderem der Nachbarvater Rechenschaft ablegt über die vorherige Wahlperiode, der Kassier seine Zahlen präsentiert und Wahlen für den neuen Vorstand stattfinden.

Erfreulich auch hier, dass beide Veranstaltungen gut besucht wurden. In seiner Eröffnungsrede ging Nachbarvater Rainer Lehni auf das Motto des diesjährigen Heimattages „Zusammen Seite an Seite“ ein. „Nur zusammen Seite an Seite kann unsere sächsische Gemeinschaft bestehen und sich auch weiterentwickeln. Genauso ist es auch im Kleinen. Wir Zeidner sind aufgerufen, unsere Identität, als Siebenbürger Sachse, als Zeidner Sachse, auch heute in der Gegenwart zu bewahren.

Was unsere Vorfahren in Jahrhunderten aufgebaut haben, ihre Traditionen und Bräuche, ihr Gemeinschaftsbewusstsein, sind es wert auch für die Zukunft erhalten zu werden, auch immer wieder angepasst an die heutige Zeit. Wer, wenn nicht wir, die noch zur Erlebnisgeneration zählen, können das tun…Durch die Pflege unserer Kultur schaffen wir uns Heimat auch außerhalb Zeidens, auch wenn bei vielen von uns, unser Herz immer dort in Zeiden und für Zeiden schlagen wird.“

In ihrem Grußwort berichtete die Erste Bürgermeisterin von Dinkelsbühl Nora Engelhard über ihren gerade zu Ende gegangenen Besuch in Siebenbürgen, als sie Dinkelsbühls Partnerstadt Schäßburg besuchte und zusätzlich in den Genuss einer Führung in der Stadtpfarrkirche Hermannstadt kam, die, wie der Zufall so wollte – die Zeidnerin Netti Königes, Moderatorin der Eröffnung, durchführte, die dort seit einigen Wochen als Kirchenführerin arbeitet. Die Bürgermeisterin ließ es sich auch nicht nehmen, am darauffolgenden Tag wieder vorbeizukommen, um im berühmten einmaligen Zeidner „Wunderkreis“ mitzumachen.

Ein Grußwort sprach auch der Bürgermeister der Stadt Remseck am Neckar, Dirk Schönberger. Der schwäbische Ort ist Partnerstadt von Zeiden. Für den Bürgermeister war es eine Premiere, so ein Treffen zu besuchen. Er forderte die Zeidner auf, „ihr Stück Heimat aufrechtzuerhalten“, aber auch gleichzeitig die Beziehungen zu Zeiden nicht abzubrechen. „Codlea und Zeiden sind eins“ und stellte die Beziehungen in einen europäischen Zusammenhang. Als ein aktuelles Beispiel nannte er den Schüleraustausch zwischen einer Remsecker und einer Zeidner Schule, der nun stattfinden wird.

Der Kurator der Evangelischen Kirchengemeinde A.B. Zeiden, Christian Eduard Popa, betonte in seiner Rede, dass Zeiden nicht nur aus Mauern und der Kirche bestünde, sondern dass die Gemeinschaft lebe, sei es mit der Tanzgruppe, mit dem Chor, dem Nähkreis, den verschiedensten Aktivitäten. Man wolle das Erbe „nicht nur verwalten, sondern auch gestalten“. 

Von den Vertretern der siebenbürgisch-sächsischen Heimatortsgemeinschaften sprachen noch Manfred Binder als Sprecher der Regionalgruppe Burzenland und Harald Zelgy, Nachbarvater der Nussbächer Heimatortsgemeinschaft, und fleißiger Aushelfer in der Zeidner Kapelle, ein Grußwort – auch ihnen lag das Thema Gemeinschaft und Zusammenhalt am Herzen.

Den Rahmen dieser Eröffnung bildeten einige siebenbürgisch-burzenländische Stücke zum Mitsingen wie das „Waldbadlied“ von Georg Göbbel und Lehrer Hans Mild, „Das Dorf im Burzenland“ oder „Grüße mir Zeiden“, vorbereitet von Reinhart Göbbel und der Zeidner Blaskapelle. Und auch hier wieder diese positive Stimmung. Denn ursprünglich sollte – wie es in all den Jahren davor der Fall war, nur ein Quartett diese Eröffnung begleiten – und plötzlich füllte sich die Bühne mit fast der kompletten Kapelle – jeder, der schon angereist war, wollte dabei sein.

Das Nachmittagsprogramm begann mit der Eröffnung der Ausstellung im Kunstgebewölbe, einem idealen Platz für solche Veranstaltungen. Einen ausführlichen Bericht dazu hat die Organisatorin und Moderatorin der Ausstellung Netti Königes geschrieben (siehe auch „Kunstausstellung zum Zeidner Treffen 2025: Freiheit. Grenzenlos. Ungezähmt“). Die vier ausstellenden Künstler Hans Aescht, Doris Göbbel, Theo Kloos und Ute Mieskes haben sich auf ihre kreative Art mit dem Thema Freiheit beschäftigt.

Zum gleichen Thema Freiheit fand im Anschluß der letzte Zeidner ortsgeschichtliche Gesprächskreis (ZOG), oder besser gesagt, der erste Zeidner Gesprächskreis (ZGK) statt (siehe auch hier den ausführlichen Text dazu: Wo bleibt das „O“? Vom ZOG zum ZGK)

Im Namen der Nachbarschaft verabschiedeten zunächst Netti Königes und Nachbarvater Rainer Lehni die langjährigen Macher des ZOG, Helmuth Mieskes und Udo Buhn, die großartige Pionier- und Kärrnerarbeit leisteten, verdammt dicke Bretter bohrten, wenn es um die Geschichte Zeidens ging. Man wolle es nun mit einem Gesprächskreis ausprobieren, Diskussionsbedarf zu historischen und aktuellen Themen gäbe es immer. Netti Königes hatte dazu zwei großartige Redner engagieren können, Prof. Gustav Gündisch und Georg Aescht.  Gündisch befasste sich mit dem Begriff der Freiheit im Andreanum, dem Freiheitsbrief der Sachsen, Aescht sezierte eher die gesellschaftspolitischen Aspekte und auch deren Konsequenzen im Ost-West-Vergleich.

Der Freitagabend läuft traditionell als „Bunter Abend“, den die Blaskapelle mit ihrem Leiter Reinhard Göbbel gestaltet. Die Kapelle erzählte diesmal eine musikalische Geschichte, eine Liebesgeschichte aus dem Burzenland von vor 100 Jahren: die Liebesgeschichte von Hanni und Martin – ein Sechs-Akter über und von Martin Thies.

„Darin hören wir Wahrheit und Dichtung aus dem Leben unseres Heimatkomponisten Martin Thies, der in den 1930er Jahren auch die Zeidner Blaskapelle dirigierte“, wie es Dirigent Göbbel formulierte. Er hat sich in den letzten Monaten intensiv mit dessen Leben und Musik beschäftigt und einige Text-Musik-Kompositionen ausgearbeitet. Der Dirigent erzählte in plastischen Bildern und Texten, was die Musikanten mit den Thies-Musiktiteln vortrugen. Nach der musikalischen Geschichte ging es nahtlos zum Tanz über.

Abgerundet wurde der Abend durch einige Volkstänze, einstudiert von Christine Greger. Sie hatte es – trotz ihrer intensiven Erziehungsarbeit mit ihren drei Jungs – auf sich genommen, wieder eine Projekt-Tanzgruppe zusammenzustellen, die sich davor zum „Probetraining“ traf, um dann souverän und charmant die Tänze vorzuführen.

Den Schlusspunkt machte dann Lorant Aescht, seines Zeichens Zeidens Immer-jung-gebliebener-DJ, der seit Jahrzehnten dankenswerterweise seine Musik-Licht-Technik-Ausstattung zu allen Veranstaltungen mitbringt, damit  es sich Jung und Alt auf der Tanzfläche richtig geben können. Und das Kellergewölbe der Schrannenhalle bildet dafür den idealen Raum:  klein, einladend für fetzige Musik, damit gute Stimmung aufkommt.

Der Samstagvormittag ist der offizielle Höhepunkt so eines Treffens. Nachbarvater Rainer Lehni präsentiert die zahlreichen Aktivitäten der vergangenen Wahlperiode (in einem gesonderten Beitrag wird Helmuth Mieskes ausführlich auf den Richttag eingehen). Hier soll nur soviel vermerkt werden: Kassier Reinhold Mieskes übergibt die Finanzen in einem sehr guten und soliden Zustand an seine Nachfolgerin Elke Wagner, die einstimmig zur neuen Kassierin gewählt wurde. „Holdi“, wie ihn alle nennen, möchte endlich seinen wohlverdienten Ruhestand genießen, er hat sich nämlich auch aus seinem Amt als Vorsitzender der Stiftung Zeiden verabschiedet, und dieses Amt hatte bereits schon vor Monaten Kuno Kraus übernommen.

Ebenfalls aus dem Vorstand verabschiedet hat sich Christine Greger, und Helmut Wenzel verzichtet auf den Stellvertreter-Job, gehört aber dem erweiterten Vorstand weiter an. Die Stellvertreter-Aufgaben übernimmt Norbert Wagner, der neu in den Vorstand gewählt wurde, ebenso wie auch Lorant Aescht als Beisitzer. Ja, der DJ.

Zur großen Freude und Erleichterung aller bleibt Rainer Lehni Nachbarvater. Trotz seiner vielen Aufgaben als Verbandsvorsitzender, Vorsitzender der Landesgruppe NRW und Beruf, bleibt Zeiden eine Herzensangelegenheit. Mit dem neuen Vorstand können wir zuversichtlich in die Zukunft blicken, zumindest in die nächsten drei Jahre.

Nachbarvater Rainer Lehni nahm noch Ehrungen vor, beglückwünschte einige verdiente Mitarbeiter der Nachbarschaft für ihr langjähriges Engagement. Dabei waren diesmal Kassier Reinhold Mieskes, Mitgliederverwaltungschef Rüdiger Zell, der neue Stiftungsvorsitzende Kuno Kraus, Genealogie-Kümmerer und Wunderkreis-Experte Helmut Wenzel sowie Tanzgruppenorganisatorin Christine Greger.

Nie fehlen darf der Marsch durch den „Wunderkreis“; die Marketing-Leute würden sagen, Zeidens richtiger USP (Unique Selling Point), also unser Alleinstellungsmerkmal.  Dieser ist traditionell für den Samstagnachmittag vorgesehen. Unser Top-Experte, Helmut Wenzel, zeichnet mit Helfern den Kreis in Schneckenform auf der Straße vor der Schranne auf, in dem sich dann alle Teilnehmer zu den Klängen der Blaskapelle klatschend und gutgelaunt bewegen.  Früher waren das die Kinder und Schüler im Schulfest, heute sind es in Ermangelung der Kleinen, die Erwachsenen, die einen Riesenspaß haben, an diesem Ritual teilzunehmen, das am Ausgang des Kreises damit endet, dass man einen Kipfel überreicht bekommt. Die dieses Jahr nicht ausgereicht haben, weil der Andrang im Wunderkreis so groß war.

Die Zeit bis zum Abendessen nutzten einige Jahrgänge für Klassentreffen – übrigens eine gute und bewährte Idee mit Ausbaupotenzial, um immer mal wieder Menschen zu so einem Treffen zu bewegen. Denn es hat sich auch diesmal gezeigt, dass Personen anreisten, die noch nie so eine Veranstaltung besuchten oder schon seit Jahren nicht mehr dabei waren, und nun doch Gefallen daran finden und zumindest mit besten Absichten, wieder zu kommen, abreisen.

Die Abendveranstaltung mit Tanz mit den Partystürmern, der Musikband um den Zeidner Wolfgang Ehrlich beschloss den Samstag.

Der Gottesdienst mit Goldener Konfirmation des Jahrgangs 1960 (auch dazu folgt noch ein Text) bildete den Abschluss des Zeidner Treffens. Gestaltet wurde er von Pfarrer in Rente Hans Schneider und an der Orgel von Ilse Maria Reich und Sohn Jürgen an der Querflöte.

Hans Königes