05/23/18
23. Zeidner Treffen – erste Eindrücke, erste Bilanz
Zum zweiten Mal in Folge, zum vierten Mal insgesamt trafen sich die Zeidner zu ihrem großen Nachbarschaftstreffen in Dinkelsbühl. Diesmal war es sozusagen die Generalprobe für den Heimattag, das große Treffen der Siebenbürger Sachsen in der romantischen Stadt in Franken – wie Moderatorin Anette Königes den Oberbürgermeister der Stadt, Dr. Christoph Hammer, in der Eröffnungsveranstaltung ankündigte.
Auf den ersten Blick betrachtet ließe sich sagen: Ja, es war ein ganz normales Treffen, mit den üblichen Programmpunkten – ein Mischung aus Kultur, Kunst, Geschichte, Geselligem und Unterhaltung. Bei näherem Betrachten konnten aber wieder ein paar „Perlen“ und Überraschungen entdeckt werden, um die sich die Verantwortlichen der Nachbarschaft mit ihren Helfern doch immer wieder bemühen. Und natürlich gibt es Beobachtungen, die einen erfreuen, aber auch solche, die Anlass sind, nachdenklich zu werden.
Aber der Reihe nach: Das Treffen begann am Donnerstag, Christi Himmelfahrt, mit einem – wie es so schön heißt – gemütlichen Beisammensein, das Nachbarvater Rainer Lehni eröffnete - und das so um die 80 Gäste besuchten – also kein schlechter Start.
Freitagvormittag fand dann die offizielle Eröffnung mit einigen Grußworten statt, diesmal – wie oben erwähnt – mit einem des Oberbürgermeisters Hammer, der an die Wertschätzung der bayerischen Regierung für die Siebenbürger Sachsen erinnerte und erwähnte, dass heuer beim Heimattag der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sprechen wird. Karl -Heinz Brenndörfer als Sprecher der Burzenländer HOGs lobte die Zeidner für ihre Vorreiterrolle bei vielen Vorhaben. Als aktuelle Beispiele nannte er die Eröffnung des Heimatmuseums in Zeiden und das Bemühen um gute Beziehungen auch zur politischen Gemeinde.
Schließlich richtete auch Zeidens Pfarrer, Andreas Hartig, Grußworte an die Anwesenden. Er erwähnte die große Herausforderung, die auf die Zeidner Gemeinde durch die Renovierung der Kirchenburg zukommt. Einerseits freue man sich über den Geldsegen aus Brüssel, der über 700.000 Euro ausmacht, andererseits sei man auf Spenden angewiesen, denn wie das so üblich ist: Bei EU-Projekten ist auch ein Eigenanteil zu leisten, der in diesem Falle um die 40.000 Euro ausmache und den es gilt, über Spenden zu finanzieren. Hartig bedankte sich bei der Nachbarschaft und den Spendern – immerhin seien schon rund 14.000 Euro zusammengekommen. Unter anderem durch solch unkonventionelle Aktionen wie sie Hilde Kissel-Bügelmeyer zu ihrem 90. und Annette und Hans Königes zu ihrem 60. Geburtstag praktizierten, die sich anlässlich dieses Tages als Geschenk von ihren Freunden eine Spende für die Kirche wünschten.
Pfarrer Hartig wies darauf hin, dass man mit diesen Renovierungsarbeiten das gemeinsame Erbe weiterführen wolle, und er freue sich über die Unterstützung der Mitglieder der Nachbarschaft, die ihn und die Kirchengemeinde „mit den Sorgen nicht allein“ lasse. Für die musikalische Umrahmung sorgte wie immer ein Quartett aus der Blaskapelle, diesmal bestehend aus Heiner Aescht, Reinhard Göbbel, Heinz Mieskes und Peter Roth.
Freitagmittag fand dann im Kunstgewölbe des Dinkelsbühler Spitalhofs die Eröffnung der Kunstausstellungen statt. Und selten war man so einhelliger Meinung, dass dies die anspruchsvollste und gelungenste Ausstellung war – hatte man so gute Künstler wie Dieter Josef, Peter Jacobi und Otto Scherer überzeugen können, auszustellen. Renate Kaiser hatte sich wie immer sehr gründlich mit Person und Werk der Ausstellenden auseinandergesetzt und ihre Arbeiten vorgestellt (ein ausführlicher Bericht dazu folgt noch).
Bevor es am Nachmittag mit dem ZOG weiterging, durften sich die historisch Interessierten in einer Stadtführung über die Entwicklung der Stadt Dinkelsbühl informieren, die in die Geschehnisse des 30-jährigen Krieges stark involviert war und jetzt einige Feierlichkeiten zu bewältigen hat.
Nahtlos ging es dann mit Geschichte weiter – dem 21. Zeidner Ortsgeschichtlichen Gesprächskreis, in dem die beiden umtriebigen und mit Herzblut arbeitenden Hobbyhistoriker Udo Buhn und Helmuth Mieskes das Thema Auswanderung auf die Tagesordnung setzten. Unter anderem auch deshalb, weil sie eine große Dokumentation unserer Auswanderung planen und immer wieder an die Zeidner appellieren, die Geschichte ihrer Auswanderung aufzuschreiben.
Zunächst stellte Werner Gross die großen Zusammenhänge der Ursachen der Ausreise her wie Zweiter Weltkrieg, Enteignungen, Rußlanddeportation, Zwangsumsiedlungen in die Szekler-Region, den starken Assimilierungsdruck, die schlechte Wirtschaftslage oder die Securitate-Bespitzelung. Einem ganz anderen Aspekt, an den man sich bisher noch nicht so richtig herantraute – auch wegen mangelnder Kompetenz – ist das Thema der psychologischen Konsequenzen der Ausreise. Die 75-jährige Grete von Hollen, geb. Königes, hat bis zum März als Psychotherapeutin mit eigener Praxis auch mit solchen Personen gearbeitet, die Flucht, Vertreibung, Aussiedlung nicht verdaut haben. Die Frage, ob wir als „normale“ Menschen das geschafft haben, darf ruhig gestellt werden, denn als es in der anschließenden Diskussion darum ging, ob wir uns durch die Ausreise schuldig gemacht haben und ob wir deshalb ein schlechtes Gewissen haben sollten, ging es emotional hoch her.
Einen ausgleichenden Kontrapunkt zu dieser hitzigen Diskussion bildete im Anschluss der erste Zeidner Literaturkreis, initiiert und gestaltet von Carmen Kraus und Heidenore Glatz. Die beiden Hobby-Autorinnen und Gedichte-Schreiberinnen haben sich der ehrenvollen Aufgabe angenommen, Gedichte von Zeidnern ausfindig zu machen und diese vorzulesen, unter anderem von Michael Königes, Josef Steinbinder, Walter Player, Dr. Siegfried Ernst, Inge Josef, Rita Pozna-Haupt, und sie lasen auch aus ihren eigenen Werken vor. Schließlich trug auch Franz Buhn einige seiner Verse vor. Er stellte im Übrigen seine Neuerscheinung vor, das Musikleben in Zeiden, eine sehr aufwändige Dokumentation über die zahlreichen musikalischen Aktivitäten in unserem Heimatort.
Der Abend gehörte schließlich der Blaskapelle, die großartig im großen Schrannensaal aufspielte. Eine Woche vor dem Treffen trafen sich die Musikanten zu ihrem alljährlichen Probenwochenende in Ottmaring bei Augsburg. Und den Schwung von einem Wochenende mit intensivem Proben hatten sie nach Dinkelsbühl mitgebracht. Zudem kam noch aus einer anderen Richtung neuer Schwung. Denn die Blaskapelle hatte gewählt und hat nun mit Reinhard Göbbel einen neuen Dirigenten und mit Peter Roth einen neuen Vorstand. Ergänzt haben diesen fröhlichen Abend, den die Zeidner natürlich auch nutzten, um fleißig zu tanzen, der Dinkelsbühler Zunftreigen, eine Tanzgruppe, die in ihren Darbietungen immer wieder Bezug auf die Ereignisse des 30-jährigen Krieges nimmt. Heidenore Glatz las zwei ihrer Gedichte vor und die Kapelle ehrte verdiente Mitglieder. Für die souveräne uns sehr gelungene Moderation zeichnete auch diesmal Netti Königes verantwortlich.
Das letzte Kapitel dieses Abends fand schließlich im kleinen Schrannensaal statt. Adrian Königes hatte den Raum mit seiner Ton- und Lichttechnik zu einem diskothekähnlichen Raum umgebaut und er legte die ganze Bandbreite an Liedern auf – gedacht für alle Generationen. Und auch wenn alte Rockfans wie ein Charlie Josef oder Horst Pechar sich freuten „auf diese Musik haben wir 20 Jahre gewartet“, so ist doch festzustellen, dass der Zug Richtung Jugend ziemlich abgefahren ist, nur vereinzelt ließen sich junge Menschen unter 30 Jahren erblicken.
Den Samstag des Treffens kann man als „Großkampftag“ bezeichnen, weil weitere, viele Programmpunkte auf der Tagesordnung stehen. Es beginnt mit einem sehr wichtigen Teil des Treffens, dem Richttag, auf dem der Nachbarvater darüber Rechenschaft ablegen muss, was er und seine Mannschaft in den vergangenen drei Jahren seit dem letzten Treffen geleistet haben und mit welchen ehrenamtlich engagierte Menschen die Nachbarschaft weitermacht. Fakt ist, dass die Nachbarschaft nach wie vor sehr aktiv ist und viele Aktivitäten vorweisen kann. Was im Vergleich zu früher auffällt ist, dass der Heimatort stärker in den Fokus der Nachbarschaftsarbeit gerückt ist, sei es zum Beispiel durch die Einweihung des Heimatmuseums oder die Säuberung der Kornkammern, bei denen Altnachbarvater Udo Buhn Motivator und Antreiber war, oder die Unterstützung der Kirchengemeinde bei ihren Renovierungsarbeiten, die von der EU mit über 700.000 Euro unterstützt wird. Wichtig für alle Mitglieder der Nachbarschaft: Der Jahresbeitrag erhöht sich nach neun Jahren von neun auf zwölf Euro.
Souverän moderierte Altnachbarvater Volkmar Kraus die Neuwahlen. Die erste gute Nachricht: Nachbarvater Rainer Lehni wurde wiedergewählt, die zweite: Reinhold Mieskes übernimmt die Kasse, nachdem Franziska Neudörfer ihren Rücktritt erklärte und es zunächst nicht so einfach war, eine/n Nachfolger/in zu finden. Und die dritte: Der Vorstand verjüngt sich, Julia Hedwig, Enkeltochter von „Mini“ Cazacu wird Jugendreferentin nachdem Rüdiger Nierescher aus beruflichen und familiären Gründen zurückgetreten war, und ebenfalls als Beisitzer rückte Christine Greger wieder in den Vorstand, nachdem sie aufgrund eines mehrjährigen US-Aufenthaltes eine zeitlang pausierte.
Wiedergewählt wurde der bisherige Nachbarvater Rainer Lehni, seine drei Stellvertreter Annette Königes, Kuno Kraus und Helmut Wenzel sowie Schriftführer Helmuth Mieskes, um den Vertrieb des „Zeidner Gruß“ kümmert sich weiterhin Rüdiger Zell, die Kassenprüfung übernehmen Ex-Kassierin Franziska Neudörfer mit Erika Göltsch.
Ebenfalls Bestandteil des Richttages sind Ehrungen verdienter und engagierter Mitglieder, diesmal vorgenommen von der neuen Vorsitzenden des HOG-Verbandes, Ilse Welther. Mit der silbernen Ehrennadel ehrte sie den langjährigen Vorstand der Zeidner Blaskapelle, Heiner Aescht, und Kassierin Franziska Neudörfer, mit der höchsten Auszeichnung, der goldenen Ehrennadel, Altnachbarvater Udo Buhn für 40 Jahre ehrenamtliches Engagement.
Beim Tagesordnungspunkt Aussprache forderte Werner Gross alle Zeidner auf, für die Renovierung der Zeidner Kirchenburg fleißig weiter zu spenden, Peter Roth als neuer Vorstand der Blaskapelle bedankte sich für die Unterstützung der Nachbarschaft und wünschte sich eine weitere, gute Zusammenarbeit, und Netti Königes stellte das Sommerprogramm „Natur und Kultur“ vor, in dem an zwei Tagen Udo Buhn wieder ein Arbeitscamp in Zeiden organisiert und Netti mit Interessierten sieben Tage interessante Tagesausflüge organisiert. Schließlich warb der Vorsitzende der Stiftung „Zeiden“, Reinhold Mieskes, für die Arbeit in der Stiftung. Er sucht noch Mitstreiter, die sich für dieses Thema interessieren.
Bei schönstem Wetter fand dann am Nachmittag vor der Schrannenhalle zu den Klängen der Blaskapelle der Marsch durch den „Wunderkreis“ statt, eine Zeidner Institution, die mittlerweile über die Grenzen Siebenbürgens eine bestimmte Bekanntheit erworben hat. Ein Platzkonzert der Kapelle rundete diesen ersten Teil des Nachmittags ab. Im zweiten Teil fanden dann Jahrgangstreffen statt, die Feuerwehrleute saßen zusammen, und es wurde auf dem Gelände des TSV-Vereins auch Fußball gespielt. Endgültig verabschiedet haben sich die Zeidner bei diesem Treffen vom traditionellen Handballspiel Alt gegen Jung. Die früheren Spieler der „Blumen“-Mannschaft und der Colorom können nicht mehr, und den Nachwuchs gibt es nicht.
Den Ball-Abend gestalteten diesmal die Jungs von Schlager-Taxi, die für gute Stimmung und viel Bewegung auf der Tanzfläche sorgten. Den Abschlusspunkt eines wieder sehr ereignisreichen Treffens bildete am Sonntagvormittag der Gottesdienst mit goldener Konfirmation. Reinhold Mieskes schaffte es, 21 „goldene“ Konfirmanden nach Dinkelsbühl zu holen – ein Rekord. Den Gottesdienst gestaltete Pfarrer Andreas Hartig, begleitet an der Orgel von Ilse Maria Reich.
Alles in allem wieder ein sehr gelungenes Treffen. Die, die da waren, haben sich, so der allgemeine Tenor, sehr wohl gefühlt, und es gab auch viel positive Rückmeldungen für die Verantwortlichen der Nachbarschaft, so weiter zu machen. Allen fleißigen Helfern aus und rund um den Vorstand sei auf diesem Wege – auch im Namen aller Mitglieder sehr herzlich gedankt.
Dies sind nun ein paar erste Eindrücke. Unser sehr engagierter Webmaster Gert Liess hatte mir schon in Dinkelsbühl gesagt: „Hans, jetzt bist du dran“, (gemeint war, dass ich was zu schreiben habe), er hatte nämlich schon während des Treffens Fotos auf die Homepage gestellt. Und wir werden sicher in den nächsten Tagen die Berichterstattung vervollständigen, wir hoffen auf weitere Berichte, in dem der eine oder andere Programmpunkt etwas ausführlicher dargestellt wird.
Hans Königes