Friedrichroda (V): Der erste Überblick
Endlich können alle, die nicht dabei waren, erfahren, was beim Treffen lief. Es ist nur ein grober Überblick, so wie er für die „Siebenbürger Zeitung“ geliefert wurde – mehr Platz gab es nicht. Weitere Details werden aber noch geliefert. Deshalb bitte ich um Nachsicht, wenn einiges zu kurz gekommen ist und einige Personen, deren Engagement noch zu würdigen ist, noch nicht oder nur kurz erwähnt wurden.
Zum zweiten Mal nach 2006 fand das große Nachbarschaftstreffen der Zeidner im Thüringer Wald statt und zum 20. Mal insgesamt kamen die früheren sächsischen Einwohner des kleinen Städtchens an der Burzen zu einer Großveranstaltung in Deutschland zusammen. Alles begann 1953 mit der ersten Begegnung in Stuttgart. Damit waren die Zeidner Vorreiter dieser Art von Veranstaltungen, die mittlerweile die meisten der siebenbürgischen Heimatortgemeinschaften in Deutschland organisieren.
Rund 550 bis 600 Teilnehmer zählte das Treffen, das vom 11. bis 14. Juni im malerisch gelegenen Berghotel stattfand. Es war vielleicht auch der einzige Vermutstropfen, wenn davon überhaupt die Rede sein kann, denn es war ein leichter Besucherrückgang gegenüber dem vergangenen Treffen. Ansonsten – das lässt sich ohne wenn und aber sagen – war es wieder eine Veranstaltung der Superlative, die allen Besuchern ein in seiner Fülle noch nie dagewesenes Programm bot - angefangen vom sehr reichhaltigen kulturellen Angebot mit Ausstellungen über den Zeidner Ortsgeschichtlichen Gesprächskreis, die erste Zeidner Konsolenmeisterschaft für die Jugendlichen bis hin zu einem umfangreichen Sport- und Freizeitangebot.
Aber der Reihe nach: Bereits am Donnerstag, dem 11. Juni, dem Anreisetag, füllte sich der Festsaal des Berghotels. Während zur Kaffeezeit schon über die Hälfte der Gäste Erinnerungen und Bilder austauschten, legten die Organisatoren, also der Vorstand mit seiner Helfern, Hand an, um die letzten Vorbereitungen zu treffen. Dazu gehörte zum Beispiel der Aufbau der Ausstellung. Diesmal stellte Theo Zeides Fotos von seinen Zeidner Besuchen in der Zeit von 1976 bis 1984 aus, Marianne Götz hatte schöne Collagen, auch mit Zeidner Motiven mitgebracht, Roswitha Böhm zeigte beeindruckende Radierungen, Frauke Weber kennt sich bestens in der Kunst des Silberschmuckes aus, Altnachbarvater Balduin Herter präsentierte seine farbenprächtige Familien-Wappenkollektion und Udo Buhn und Helmuth Mieskes warben für ihr neues Projekt „Konfirmation im Wandel der Zeit“. Sie wollen einen Band mit möglichst vielen Bildern aller Zeidner Konfirmanden seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts zusammenstellen.
Am Freitagvormittag eröffnete dann Nachbarvater Udo Buhn dieses 20. Nachbarschaftstreffen und begrüßte neben den Ehrengästen auch die älteste Teilnehmerin, Elfriede Dück, die mit ihren 91 Jahren an keinem Treffen fehlte. Annette Königes schlug in ihrer Moderation den Bogen von der alten zur neuen Heimat und sagte schließlich: „Doch die Heimat hat uns nicht verlassen, sie ist in unserem Kopf, in unserer Seele und in unseren Herzen.“ Der stellvertretende Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, der Zeidner Rainer Lehni, betonte in seinem Grußwort den traditionell starken Gemeinschaftssinn unserer Landsleute und lobte die gute Zusammenarbeit der verschiedenen siebenbürgischen Einrichtungen auf dem Heimattag in Dinkelsbühl. Und Karl-Heinz Brenndörfer als Regionalsprecher der Burzenländer HOGs hob das Engagement der Zeidner in der Regionalgruppe hervor, die zum Beispiel seit Jahren den Burzenländer Kalender herausgeben und sich jetzt auch um eine Dokumentation der Wappen kümmern. Für eine Überraschung sorgte der Vertreter des deutschen Forums in Zeiden, Erwin Albu. Er verkündete einen einstimmigen Beschluss des Stadtrates und verlieh Altnachbarvater Balduin Herter die Urkunde eines Ehrenbürgers der Stadt. Damit nicht genug: Albu hatte noch eine zweite Urkunde dabei, mit der der Altnachbarvater auch als Ehrenmitglied des deutschen Forums ausgezeichnet wurde.
Der Nachmittag stand ganz im Zeichen der Diskussionen über geschichtliche Themen. Balduin Herter und Helmuth Mieskes hatten nämlich zum zwölften ortsgeschichtlichen Gesprächskreis (ZOG) eingeladen. Auf der Tagesordnung stand unter anderem ein Vortrag von Karl Heinz Brenndörfer, der aus einem Buch über Burzenländer Kriminalfälle mit Zeidner Bezug berichtete.
Auf besonderes Interesse stieß der Vortrag des Kronstädter Archivars Thomas Sindilariu, der in fünfjähriger harter und mühsamer Kleinarbeit das Archiv der Zeidner Kirche sozusagen zum Leben erweckt hat, indem er eine vollständige Bestandsaufnahme vornahm und es digitalisierte. Danach erläuterte der Altnachbarvater seine Motivation für das Sammeln von Wappen. Für ihn als überzeugten Genealogen ist die Heraldik, wie sich die Wappenkunde nennt, ein ergänzender Teil der Familiengeschichte. Schließlich stellten Helmuth Mieskes und Rainer Lehni ihre Neuerscheinungen im Rahmen der Reihe „Zeidner Denkwürdigkeiten“ vor. Der ZOG-Leiter hat in jahrelanger akribischer Arbeit 26 Biographien von Zeidner Persönlichkeiten zusammengestellt und jetzt als Band herausgebracht. Rainer Lehnis Zeidner Kurzchronik verdient ebenfalls ein Lob, denn sie dürfte erst die zweite dieser Art sein, in dem ein Ort sich zweisprachig, also deutsch und rumänisch, vorstellt.
Der künstlerische und kulturelle Höhepunkt dieses Treffens dürfte zweifellos der „Bunte Abend“ gewesen sein. Noch nie traten so viele Gruppen auf, noch nie hatte es ein so abwechslungsreiches Programm gegeben. Und Moderatorin Annette Königes führte souverän und mit viel Humor durch einen Abend, der im Überziehen an Gottschalk`sche „Wetten dass…“ Sendungen erinnerte. Die Blaskapelle präsentierte sich in Hochform, der Männerchor feierte sein 125. Jubiläum und Dirigent und Pfarrer in Rente Dieter-Georg Barthmes holte alles aus den nicht mehr ganz jungen Gesangsbrüdern heraus. Ebenfalls nicht wegzudenken ist das Gitarrenkränzchen. Es gab auch Premieren: So trat zum ersten Mal eine Tanzgruppe auf, um die sich Liane Schmidts, Marianne Marzell und Sieglinde Thamm kümmerten. Das Zeidner Gesangstrio mit Effi Kaufmes, Diethe Meier und Annette Königes stellte seine neue CD „Alte Lieder neu gesungen“ vor.Nicht zu kurz kam auch der rezitative Teil. Hans Wenzel trug ein Gedicht über den Männerchor vor, Franz Buhn hatte ein paar „Heimatgedanken“ dabei. Und ebenfalls mit viel Applaus bedacht wurden Michael-Königes-Gedichte, vorgetragen von Georg Aescht und Inge Gutsch. Die pünktlich zum Treffen fertig gestellte CD wird sicherlich ihre Abnehmer finden. Zum Schluss stellten sich alle Beteiligten auf die Bühne und sangen gemeinsam mit dem Saal das bekannte Lied „Wer weiß“ – ein schönes Finale eines schönen Abends. Anschließend spielte die Kapelle noch zum Tanz auf.
Samstagnachmittag fand dann wieder ein wichtiger und sehr traditionsreicher Programmpunkt statt:
Auf die Musik der Blaskapelle marschierten Kinder und Erwachsene im „Wunderkreis“.Nicht unerwähnt bleiben sollen die sportlichen Aktivitäten mit Volleyball, Handball, Wasserball, Fußball, die vor allem bei der Jugend großen Anklang fand. Besonders gut kam aber die erste Zeidner Wii-Meisterschaft an, in der sich der Nachwuchs in Konsolenspielen bewähren musste. Und natürlich durfte nicht die abendliche Diskothek fehlen.
Den Abschluss bildete am Sonntagvormittag der Gottesdienst mit der goldenen und der diamantenen Konfirmation. Es war das erste Mal, dass auch diejenigen, die vor 60 Jahren konfirmierten, nun im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes den Segen Gottes erhielten. Immerhin reisten 16 Jubilare an. Es predigte der Dechant des Kirchenbezirks Kronstadt, Pfarrer Christian Plajer. Für die musikalische Umrahmung sorgten der aus Zeiden angereiste Organist Klaus Dieter Untch und Annette Königes.
Alles in allem war es wieder eine rundum gelungene Veranstaltung, die jedem etwas, einigen auch sehr viel bot. Zu danken ist den Organisatoren, dem Vorstand und vor allem dem Nachbarvater, die den Ehrgeiz haben, ein immer noch besseres Treffen auf die Beine zu stellen.
Hans Königes