1. Korinther 15, 19-28

19 Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. 20 Nun aber ist Christus auferweckt von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind. 21 Denn da durch einen Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten. 22 Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden. 23 Ein jeder aber in der für ihn bestimmten Ordnung: als Erstling Christus; danach die Christus angehören, wenn er kommen wird; 24 danach das Ende, wenn er das Reich Gott, dem Vater, übergeben wird, nachdem er vernichtet hat alle Herrschaft und alle Macht und Gewalt. 25 Denn er muss herrschen, bis Gott »alle Feinde unter seine Füße gelegt hat« (Psalm 110,1). 26 Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod. 27 Denn »alles hat er unter seine Füße getan« (Psalm 8,7). Wenn es aber heißt, alles sei ihm unterworfen, so ist offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. 28 Wenn aber alles ihm untertan sein wird, dann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles unterworfen hat, auf dass Gott sei alles in allem.

Liebe Ostergemeinde,

wie anders wir dieses Osterfest begehen müssen, denn nichts ist mehr wie es war. Keine Gottesdienste im klassischen Sinn, keine Osterkerze am Altar, kein Abendmahl, keine Orgelmusik, kein Ostergruß, den man sich gegenseitig ausrichten kann, keine Familientreffen und Besuche, keine Gemeinschaft. Und trotzdem bleibt dieses größte christliche Fest bestehen und will uns auf eine ganz neue Art und Weise sagen, dass das Leben siegt und siegen wird, wieder und wieder, in alle Ewigkeit und sogar darüber hinaus.

Gott verheißt bereits im Alten Testament dem Noah nach der Sintflut: „Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; …Und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ (Gen 8,21-22) Das soll unsere Zuversicht sein. Das Leben wird weitergehen. Der Grund warum wir deshalb auch 2020 Ostern feiern können, trotz der zahlreichen Entbehrungen, bleibt davon unberührt: Der Tod ist besiegt. Das ist die Osterbotschaft seit 2000 Jahren.

Ich bin beeindruckt zu sehen wie kreativ auch viele Kirchengemeinden unserer Landeskirche inzwischen geworden sind und durch Online-Gottesdienste, Podcasts, Live-Streams neue, bis jetzt unterschrittene Wege gefunden haben, diese frohe Botschaft von der Auferstehung unseres Herrn den Menschen auch in dieser Zeit nahezubringen. Diese zahlreichen und unterschiedlichen Angebote kann man unter diesem Link einsehen: www.evang.ro/nachricht/artikel/ostern-von-a-z-von-agnetheln-bis-zeiden/

Natürlich können all diese Angebote nicht den klassischen Gottesdienst ersetzen, wo man die Nähe des Nächsten spürt, wo die Gemeinschaft zwischen den Menschen sichtbar wird, wo ich mit all meinen Sinnen die Anderen erleben kann. Natürlich gibt es auch die kritischen Stimmen, auch unter den Geistlichen, die die Entscheidung der Kirche ihre Türen zu schließen besonders in dieser Zeit der Pandemie für den falschen Weg halten. Aber haben die Christen, die sich zu ihrem Glauben bekannt haben, nicht schon immer in Zeiten der Bedrängnis Wege gefunden und nicht aufgehört nach diesen zu suchen das Wort Gottes weiter zu verkünden? Denken wir an die verfolgten Christen im römischen Reich, oder später an die Protestanten in Österreich, die ihre Gottesdienste im Verborgenen abgehalten haben. Haben all diese Menschen nicht ihre Hoffnung auf Christus gesetzt, dass er sie tragen wird auch durch solche schweren Zeiten?

Ihr Lieben, es ist vielleicht an der Zeit, dass wir alle gemeinsam ein bisschen mehr über unser bisheriges Leben und Handeln reflektieren, um daraus auch einige Schlüsse, wie unser Weg weiter auszusehen hat. Denn nichts wird mehr sein, wie es war. Wir stellen fest, dass die ganze Menschheit in den letzten Wochen ihren Alltag grundlegend verändert hat. Die Wirtschaft wurde heruntergefahren, der Konsum wurde auf das wesentlichste reduziert, Unterhaltungsveranstaltungen wurden abgesagt und die Kirche hat ihre Gottesdienste in virtuellen Räumen verlagert. All diese Maßnahmen wurden getroffen, um des Lebens Willen. Denn Ostern heißt Leben, neues Leben.

Der Apostel Paulus hat der Gemeinde aus Korinth dieses klar machen wollen, nachdem anscheinend einige Menschen dort die Auferstehung des Herrn in Frage gestellt haben. Er war besorgt, denn es ging letztendlich um den Kern christlichen Glaubens. Aus diesem Grund schrieb er den Korinthern einen langen Brief, um Andersdenkende mit Argumenten zu überzeugen, dass nicht der Tod das letzte Wort über das Leben hat.

Und er beginnt damit, indem er sie an das erinnert, was er ihnen bereits vermittelt hatte und vor allem was er auch selber empfangen hat. „Dass Christus gestorben ist für unsere Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferstanden ist am dritten Tage nach der Schrift. (1. Kor. 15,3-4) Gestorben, begraben, auferstanden, ein Glaubensbekenntnis, das wesentlich älter ist als der 1. Korintherbrief.

Paulus will nicht zulassen, dass die Gemeindeglieder von Korinth verloren gehen, dass sie in Trauer und Hoffnungslosigkeit versinken, weil mit dem Tod alles aus sein könnte. Er ruft ihnen deshalb zu: Bleibt nicht bei Karfreitag und Jesu Tod stehen. Steht auf, wendet euch dem Leben zu. Vergesst nicht, was ihr empfangen habt, nehmt das mit und führt das Lebenswerk Jesu weiter.

Auch wir, liebe Ostergemeinde, werden dazu aufgefordert nicht bei Karfreitag stehen zu bleiben, trotz dieser schweren Zeit, sondern nach vorne zu blicken und dem Leben, einem neuen Leben, ganz im Sinne Jesu Christi den Platz einräumen.

Für Paulus war das Leben der Anfang und die Mitte seines Evangeliums: Jesus, der gestorben und begraben war, ist auferstanden. Wenn Jesus nicht auferstanden wäre und lebte, dann wäre unsre Predigt vergeblich. Auch euer Glaube wäre vergeblich, schreibt Paulus weiterhin.

Insofern soll all das, was gerade in der Welt passiert nicht vergeblich sein, sondern uns anspornen unser Leben neu zu bedenken und zu gestalten.

Wie das gehen kann? Nicht mehr der unaufhaltsame Konsum und die Ausbeutung der Ressourcen unserer Heimaterde, nicht mehr die immer größeren Wirtschaftszahlen und Summen, nicht mehr die Eigensucht sollen und dürfen uns als Menschen bestimmen, sondern die Liebe zu Gott und zu unserem Nächsten. Wenn uns dieses in der kommenden Zeit hoffentlich immer klarer wird, dann werden wir auch wissen, was wir nach diesem Osterfest 2020 zu tun haben werden. Und dann brauchen wir in dieses neue Leben hinein nur loszugehen in der Gewissheit und mit der Hoffnung, dass wir auf diesem Weg nicht alleine sind, sondern da sind auch die vielen andern Glaubensgeschwister, die mit uns aufgebrochen sind und da ist auch unser Herr Jesus Christus. Denn er ist nicht im Tod geblieben, sondern er wurde „auferweckt von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.“ (1. Kor. 15,20) Paulus nennt ihn den „Erstling“, was bedeutet, dass danach noch andere folgen werden. Und zwar alle, „die Christus angehören“, die seine Predigt im Heute und Jetzt leben. Das können du und ich sein.

Es gilt daher, in dieser Osterzeit aufzubrechen und uns draußen in der Welt für mehr Gerechtigkeit einzusetzen, für Solidarität, für den Frieden unter den Menschen, für die Liebe untereinander, für die Bewahrung der Schöpfung Gottes, und für ein neues Leben unter seiner Führung. Dort werden wir auch Christus und seinen Geist finden, der diese Welt und uns erneuern möchte. Das Osterfest öffnet uns dafür die Pforte. Aber nicht nur dafür, sondern auch für das ewige Leben im Danach. Denn das österliche Leben bedeutet auch, dass wir Anteil haben dürfen an dem was Jesus Christus für uns stellvertretend am Kreuz eingelöst hat. Ostern ist daher auch das Fest des ewigen Lebens, das uns verheißen ist.

Nehmen wir diese Osterbotschaft an und lasst uns hoffnungsvoll in die Zukunft blicken, denn das Leben hat gesiegt. Der Tod hat keine Macht mehr.

Ich möchte mit einem Bekenntnis von Dietrich Bonhoeffer schließen, das von sehr viel Hoffnung zeugt in schweren Zeiten. Möge Gott uns diesen Glauben und diese Hoffnung schenken.

„Ich glaube,
dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes
entstehen lassen kann und will.
Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten
dienen lassen.
Ich glaube,
dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandkraft geben
will, wie wir brauchen.
Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns
selbst, sondern allein auf ihn verlassen.
In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft
überwunden sein.
Ich glaube,
dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind,
und dass es Gott nicht schwerer ist mit ihnen fertig zu werden,
als mit unseren vermeintlichen Guttaten.
Ich glaube,
dass Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass er auf aufrichtige
Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.“

Amen

Zeidner Pfarrer Andreas Hartig