04/24/18

35. Arbeitstagung der HOG-Regionalgruppe Burzenland in Crailsheim

Teilnehmer der 35. Burzenländer Arbeitstagung in Crailsheim. Foto: Petra Reiner

Siebenbürgische Kulturgüter – erkennen, bewahren, schützen

Was haben Lieder, Kelche, Trachten, Sprache gemeinsam? Es sind Kulturgüter, teils materiell und viele davon beweglich, teils immateriell und von ideellem Wert. Der Darstellung und Erörterung verschiedener siebenbürgisch-sächsischer Kulturgüter widmete sich, neben den üblichen Regularien, die 35. Arbeitstagung der HOG-Regionalgruppe Burzenland vom 13. bis 15. April 2018 in Crailsheim, an der 46 Personen teilnahmen.

Wie gewohnt begann die Tagung mit den Berichten der einzelnen Heimatortsgemeinschaften. Die Ortsvertreter stellten nicht nur die wichtigsten Aktivitäten ihrer HOG vor, sondern berichteten auch detailliert über das kirchliche Leben in den Heimatgemeinden. Dies spiegelt die enge Verbindung zu den jeweiligen Kirchen- und, soweit gelingend, auch politischen Gemeinden wider. Grußworte hatten geschickt: Landeskirchenkurator Friedrich Philippi, Thomas Şindilariu, Archivar der Honterusgemeinde, der scheidende Vorsitzende des DFDK Kronstadt Wolfgang Wittstock sowie der Vorsitzende der Regionalgruppe Reps-Fogarasch. Die neue Vorsitzende des HOG-Verbands, Ilse Welther, nahm an der Tagung teil.

In seinem Bericht bezog sich Regionalgruppenleiter Karl-Heinz Brenndörfer vor allem auf zwei wichtige Ereignisse: die Mitgliederversammlung des HOG-Verbandes mit Neuwahlen am 29. Oktober 2017 in Bad Kissingen und die konstituierende Sitzung des erweiterten Vorstandes des HOG-Verbandes am 17. Februar 2018 in Nürnberg, wobei u.a. die Erstellung einer neuen Homepage beschlossen wurde. Rück-Blicke im wahrsten Sinne des Wortes lieferte Udo Buhn aus seinem reichen Bilderschatz: Fotos und Videos von dem Ereignis des vergangenen Jahres für die Burzenländer schlechthin, der Teilnahme nämlich am Trachtenumzug des Münchner Oktoberfestes. Zudem zeigte er Bilder vom Sachsentreffen in Hermannstadt, vom Kirchentag in Kronstadt und Veranstaltungen der HOGs, an denen er teilgenommen hatte. Zu den Regularien gehörte der Bericht des Kassenwartes Klaus Foof, dem die Kassenprüfer eine ordentliche Führung bescheinigten. Den Zuschuss des HOG-Verbandes will die HOG-Regionalgruppe Burzenland zum weiteren Ausbau der Verbindung zur Heimat verwenden.

Es gab eine Reihe sehr informativer Vorträge. Zunächst stellte Rosemarie Chrestels das Buch „E Liedchen hälft ängden“ vor. Mit bewundernswertem Fleiß ist hier eine einzigartige Sammlung siebenbürgisch-sächsischen Liedgutes entstanden. In dreijähriger ­Arbeit haben die Herausgeberinnen Angelika Meltzer und Rosemarie Chrestels über dreihundert Lieder gesammelt und unter Beratung interessierter Fachleute bearbeitet. Eine Rezension von Hans Peter Türk mit Bezugsangabe findet sich in der Siebenbürgischen Zeitung, Folge 2 vom 5. Februar 2018, Seite 8.

Die abenteuerliche Geschichte, wie ein mysteriös aufgetauchter Kelch aus dem 1916 verloren gegangenen Kirchenschatz der Kirchengemeinde Bartholomä vor Versteigerung und damit endgültigem Verlust bewahrt werden konnte, dokumentierte Horst Müller (siehe auch www.bartholomae.ro). Sein fundiert ausgearbeitetes Referat zum Thema „Bewegliche Kulturgüter“ mündete in einen regen Erfahrungs- und Meinungsaustausch, der in einer künftigen Tagung vertieft werden soll.

Zu den beweglichen Kulturgütern gehören auch die Trachten, deren Dokumentation in einem Trachtenbuch durch Rosemarie Chrestels kurz vor der Drucklegung steht. Es wurde weiter mitgeteilt, dass beim Heimattag 2018 in Dinkelsbühl die Burzenländer Trachtenträger als Block „Burzenland“ teilnehmen werden, wozu es auch einige kritische Wortmeldungen gab.

Ideelle Kulturgüter (Bilder, Texte jünger als 70 Jahre usw.) genießen Urheberschutz. Dabei kann man leicht in Fettnäpfchen treten, wenn man von Plagiatsjägern ins Visier genommen wird. Kurt Wellmann aus Rosenau berichtete von einem aktuellen Fall. Auch Präzedenzfälle kamen zur Sprache. Auch für Wappen trifft das Urheberrecht zu. Wie damit umgehen? Man einigte sich darauf, dass bei Verwendung durch Dritte auf Einholung einer schriftlichen Erlaubnis bestanden werden solle.

Dass ein ideelles Kulturgut auch – und hier mit besonderer Gewichtung – im gesellschaftlichen Bereich vorhanden sein kann, zeigte Siegbert Bruss, Chefredakteur der Siebenbürgischen Zeitung, in seinem von abendländischer Philosophie ausgehenden Vortrag „Die Aufgaben der Burzenländer Heimatortsgemeinschaften – eine Einführung“ auf. Es war das Verdienst dieses Vortrages, dass er über das Alltägliche hinausgehend, gerade diese alltägliche Aufgabenerfüllung der HOGs als Folge des vornehmsten ideellen Kulturgutes der Siebenbürger Sachsen darzustellen wusste, nämlich der frühzeitig in Europa entwickelten Demokratie. Sie sei in den Gemeinschaftsformen der Siebenbürger Sachsen vorhanden gewesen, wie man auch im Burzenland ersehen könne. Aus dieser Perspektive heraus erwachse auch gegenwärtig die Aufgabenstellung der Burzenländer HOGs.

Dann kam der Fachmann zu Wort: Dr. Konrad Gündisch – einmal detailliert, einmal fundiert. Detailliert war sein Bericht über den aktuellen Stand des Siebenbürgischen Kulturzentrums „Schloss Horneck“ e.V. (SKSH). Für Außenstehende ist kaum vorstellbar, mit wie viel – vorwiegend ehrenamtlichem – Aufwand staatliche Geldgeber von der Machbarkeit der vorgelegten Planungsentwürfe überzeugt werden mussten, bis Genehmigungen eintrafen. Nach erfolgter Zusage einer Förderung durch die Bundesregierung könne nun mit den erforderlichen Baumaßnahmen begonnen werden.

Fundiert war der zweite Vortrag des Historikers Dr. Gündisch: „Das Ende des 1. Weltkriegs und die Folgen für Siebenbürgen“. Es ist hier nicht der Ort, den Inhalt des Vortrages wiederzugeben, da die historischen Fakten in einschlägigen Werken nachgelesen werden können. Ihre Interpretation durch den Vortragenden war für manche Zuhörer jedoch neu. Fazit daher: Danke, Dr. Gündisch, wir hätten gerne noch mehr gehört.

Die Sonntagsandacht hielt Pfarrer i.R. Bernddieter Schobel. Ausgehend von der Jahreslosung sagte er, dass das Wasser des ewigen Lebens Gleichnis sei für die Liebe Gottes, die schon bei der Entstehung der Kulturgüter der Siebenbürger Sachsen Pate gestanden habe und auch heute Ansporn und Hilfe zu ihrer Bewahrung sein wolle.

Der Burzenländer Heimatkalender 2019 wird alte Postkarten dokumentieren. Leider ist es der letzte Kalender, den die HOG-Regionalgruppe herausgeben wird. Die Ortsvertreter beschlossen mehrheitlich, das seit 1993 bestehende Projekt einzustellen, nachdem mehrere Heimatortsgemeinschaften – aus welchen Gründen auch immer – keine Kalender mehr bestellt hatten und auch die Themen immer weniger geworden waren.

Ein speziell burzenländisches Kulturgut sei noch erwähnt, das zwar beweglich ist, jedoch unausrottbar: der Flèken. Selbst eine neue Führungsmannschaft, die auf der 36. Tagung vom 29.-30. März 2019 gewählt werden soll, wird sich seinem Diktat nicht entziehen können. Und das ist auch gut so.

Bernddieter Schobel