"Mit Gott wollen wir Taten tun"
Zeidner engagieren sich ehrenamtlich in Tuttlingen im sogenannten Tafelladen. Baden-Württenbergs Ministerpräsident Günther Öttinger besuchte im Frühjahr den Tafelladen und unterhielt sich auch mit unserem Nachbarn Otto Christel.
Arme Menschen gibt es auch im reichen Deutschland. Nicht nur Langzeitarbeitslose, auch Niedriglohnempfänger und Rentner rutschen immer mehr in die Armut ab. Die Zahl der Hartz-IV-Leistungsempfänger belief sich Anfang Juni 2006 auf über 5,2 Millionen. Die monatliche Grundsicherung von 345 Euro steht nicht im Einklang mit einem menschenwürdigen Leben. Mittellosen helfen will daher der Tuttlinger Tafelladen. Ein 40-köpfiges Team aus Ehrenamtlichen verkauft zwei Mal die Woche Ware, deren Mindesthaltbarkeitsdatum bald abläuft oder die in den Supermärkten von den Kunden verschmäht wird: Brot für 25 Cent, eine Gurke für 30 Cent, eine Staude Sellerie für zehn Cent. 1200 regelmäßige Kunden zählt der Tafelladen mittlerweile. Diese Zahl ist einerseits ein großer Erfolg, andererseits aber auch das Eingeständnis, dass 1200 bedürftige Mitbürger auf günstige Lebensmittel angewiesen sind.
Das wurde auch dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger klar. Im Frühjahr besuchte er im Rahmen einer Wahlveranstaltung den Tuttlinger Tafelladen und erkundigte sich genau nach Einzelheiten wie Umsatz und Kosten. Auch die Beweggründe der ehrenamtlichen Helfer interessierten ihn. Denn die Lebensmittelspenden müssen abgeholt, transportiert, abgeladen, eingeräumt werden. Eine Menge Knochenarbeit also. Wissbegierig wendet sich Oettinger an einen Mitarbeiter und fragt ihn nach seiner Motivation. "Ich will mich bedanken", sagt Otto Christel aus Zeiden. "Ich bin selbst Flüchtling gewesen und kann nun zurückgeben."
Mit seiner Frau Irene und den drei Kindern ist unser Landsmann 1970 nach Tuttlingen ausgewandert, hat als Metzger gearbeitet, sich integriert und ist heute in acht Vereinen engagiert. "Als wir vom Tafelladen gelesen haben, war uns klar: Da machen wir mit", berichtet er Oettinger, "denn hier helfen wir jetzt, weil uns geholfen wurde." Ein Gewinn für jede Gemeinde sind Menschen, die vor Ort zupacken und Hilfe leisten. Sie vermitteln Not Leidenden, dass deren Schicksal ihnen nicht gleichgültig ist. Die Siebenbürger Sachsen sind dem Landesvater ein Begriff; er lobt ihren Fleiß. Dass es sich bei diesen guten Geistern um Zeidner handelt, erfüllt uns mit Anerkennung und Stolz. "Mit Gott wollen wir Taten tun" (Psalm 60,14) – kann man dem Leitspruch unserer Zeidner Kirche schöner gerecht werden als durch tätige Nächstenliebe?.
Wir wünschen Otto Christel und seiner Frau noch viel Schaffenskraft.
Harda Kuwer-Ferstl