Zeidner Gesprächskreis (ZOG) tagte in Schwäbisch Gmünd

Da in Schwäbisch Gmünd und Umgebung viele Siebenbürger Sachsen wohnen, darunter auch viele gebürtige Zeidner, hatten die beiden ZOG-Organisatoren Udo Buhn (Geretsried) und Helmuth Mieskes (Böbingen) in diesem Jahr zum 20. ZOG nach Schwäbisch Gmünd ins evangelische Augustinus-Gemeindehaus eingeladen. Der 2. ZOG hatte übrigens 1999 auch in Schwäbisch Gmünd stattgefunden.

Das Vormittagsprogramm wurde Zeiden-spezifischen Themen gewidmet. Unter anderem berichtete Udo Buhn über die Entstehung des Zeidner Museums, das „Museum der Zeidner Traditionen“, das am 13. Mai 2016 in Zeiden eröffnet wurde und zwar mit aktiver Unterstützung der Zeidner Nachbarschaft aus Deutschland. Er konnte das Museum chronologisch, mittels einer Präsentation, vorstellen und dabei unter anderem auf seine gedanklichen Anfänge im Jahr 1990 sowie auf die Bedeutung dieser neuen kulturellen Bereicherung für die Stadt Zeiden verweisen. Dabei vergaß er nicht, die gute Zusammenarbeit mit dem amtierenden rumänischen Bürgermeister und den städtischen Angestellten in den beiden letzten Jahren zu erwähnen und sich bei den bisherigen Spendern von entsprechenden Exponaten zu bedanken.

Carmen Kraus (Landsberg) stellte die Idee eines aktiven Literaturkreises vor, der die Zeidner Schreibenden zusammenführen soll. Dabei ermunterte sie diejenigen, die auch ohne Germanistik- und Literaturstudium befähigt sind, diesem Literaturkreis beizutreten, um als Autor von Geschichten und/oder Gedichten ihr literarisches Können unter Beweis zu stellen.

Um den Zuhörern zu vermitteln, worum es geht, nützte Heidenore Glatz die Gelegenheit, Carmens Idee mit einem Gedicht und einem Textbeitrag (Erinnerungen an die Schlittenfahrt in Zeiden) aufleben zu lassen.

Helmuth Mieskes referierte über das Projekt der Nachbarschaft „Die Aussiedlung aus Zeiden“, bei dem er auf die Wichtigkeit der geschichtlichen Aufarbeitung Wert legte und für eine verstärkte Mitarbeit der Zeitzeugen warb. Mieskes begründete seine Feststellung und reihte die Aussiedlung der Deutschen aus Rumänien, vorwiegend in den Jahren 1964-1993, in die Reihe der wichtigsten geschichtlichen Ereignisse der Siebenbürger Sachsen ein. Am Beispiel seiner Erinnerungen an die Ausreise seiner Familie im Jahr 1972, die er auszugsweise vortrug, versuchte Mieskes darzulegen, wie wichtig es ist, sich als Betroffener an diesem Projekt zu beteiligen. Ein dazu erstellter Fragenkatalog mit über 200 Fragen soll helfen, die eigenen Erinnerungen wach zu rufen und nieder zu schreiben.

Mit den künftigen Zielsetzungen des ZOGs und dem Hervorheben der bisherigen bedeutsamen Publikationen (Heft 1-19) in der Schriftenreihe „Zeidner Denkwürdigkeiten“ wurde am Vormittag auch all denjenigen gedankt, die seit 1998 und bis dato dem Gesprächskreis die Treue gehalten und aktiv mitgearbeitet haben.

Den Hauptvortrag am Nachmittag „Kirche im Verständnis der Bischöfe Viktor Glondys und Wilhelm Staedel“ hielt Dr. Ulrich A. Wien vom Institut für Evangelische Theologie Koblenz/Campus Landau. In seiner Eigenschaft als Kirchenhistoriker und mit der Kirchengeschichte Siebenbürgens bestens vertraut, referierte er unter Einbezug seiner neuesten Forschungsergebnisse über eines der schwierigsten Kapitel der Sachsengeschichte während der Zeit des Nationalsozialismus. Mit seinem kirchenspezifischen Vortrag über die beiden Bischöfe der besagten Zeit (1932-1944) beleuchtete Dr. Wien genau den Zeitraum, in dem die Siebenbürger Sachsen in den Sog und dann in die Abhängigkeit des nationalsozialistischen Deutschen Reiches gerieten, um später, nach dem 23. August 1944, gemeinschaftlich als Kollaborateure Hitler-Deutschlands bestraft, enteignet und entrechtet zu werden.


Die Kirche in Siebenbürgen vor dem Zweiten Weltkrieg

Wert legte Dr. Wien bei seinen Ausführungen auf die präzise Darstellung der damaligen vom Reich gesteuerten „Amtsenthebung“ V. Glondys‘ (1940) und der sich anschließenden Wahl von Bischof W. Stadel, (1941), einer „Marionette der Nationalsozialisten“, der sich in der Folgezeit als Bischof fast uneingeschränkt den Ansprüchen der Volksgruppenführung unterordnete. Durch die Präzisierung seiner Ausführungen gelang es Dr. Wien, die damaligen sehr schwierigen Machtverhältnisse innerhalb der Landeskirche gut verständlich darzustellen. Dabei lieferte er markante Beispiele der Auseinandersetzung Bischof Glondys mit der Volksgruppenführung der Deutschen in Rumänien unter Andreas Schmidt, erwähnte die Anfeindungen von NS-Ideologen der Kirche gegen Glondys und wies hin auf die zunehmende NS-Verstrickung der Landeskirchenversammlung im Jahr 1940/41.

Dr. Wien verstand es, trotz dieser schwierigen und durchaus auch heiklen Materie, die Geschehnisse während der Volksgruppen- und Kriegszeit in Siebenbürgen in Erinnerung zu rufen und dabei ein genaues Bild der Evangelischen Landeskirche A.B. in Rumänien – speziell in Siebenbürgen – abzugeben, wo die Fäden während der Volksgruppenzeit und des Zweiten Weltkrieges gezogen wurden. Auch wenn der Vortrag nicht spezifisch auf unsere Heimatstadt abgestimmt war, berührte das Rundschreiben Z. 924 des Landeskonsistoriums (Amtsenthebungsverfahren) vom 14. Februar 1936 auch Zeiden. Leider reichte die Zeit nicht, um auf die Zerwürfnisse in Zeiden beim damaligen Pfarrerwechsel näher einzugehen.

In der Hoffnung, dass diese Art der fundierten Geschichtsdarlegung in einem der nächsten Gesprächskreise fortgesetzt werden kann, wurde der Gesprächskreis mit dem Dank an den Referenten, der übrigens seit 2011 Vorsitzender des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) ist, abgeschlossen.

Helmuth Mieskes