24.04.2022

Zeidner Gedenkbücher – zwei wichtige Fundstücke der Evang. Kirchengemeinde Zeiden

Die „Zeidner Denkwürdigkeiten vom Jahre 1335 bis 1847“, zusammengestellt von Zeidens Ortspfarrer Joseph Dück im Jahre 1877, sind zweifelsohne eine wichtige Informationsquelle über die Geschichte Zeidens, der wir uns in der Vergangenheit beim Verfassen von verschiedenen Beiträgen über die Ortsgeschichte Zeidens gerne bedient haben.

Spätestens seit der Archivierung und Digitalisierung des Zeidner Kirchenarchivs durch den Kronstädter Archivar der Honterusgemeinde, Thomas Sindilariu, wissen wir, dass die Zeidner Pfarrerschaft ab 1849 diese niedergeschriebenen Denkwürdigkeiten zum Anlass genommen hat, diese konsequent weiterzuführen und in Form von  historischen Notizen in einem „Zeidner Gedenkbuch“ für die Nachwelt chronologisch festzuhalten. Das erste Gedenkbuch umfasst den  Zeitraum der Jahre 1849-1904. Damit wir den Inhalt des Buches verwerten können, wurde der altdeutschen Schrift wegen, im März 2020 durch Archivar Bernhard Heigl (Evang. Honterusgemeinde Kronstadt) eine Transkribierung vorgenommen. Die Kosten hierfür übernahm nach Vorstandsbeschluss die Kasse der Zeidner Nachbarschaft.

Doch damit nicht genug: Beim 2. Arbeitscamp im Sommer 2018 wurden bei Aufräumarbeiten in den Kornkammern der Kirchenburg viele Bücher gefunden, die auf den Pfarrhof gebracht wurden, um zu einem späteren Zeitpunkt beim Sortieren festzustellen, welche Bücher eine weitere Verwendung (evtl. Bibliothek, Kirchenarchiv oder gar Antiquariat) finden könnten. 

Leider gerieten die dort deponierten Bücher bis 2021 sowohl vom Presbyterium als auch von uns als Nachbarschaft, gemäß  des Spruchs „aus den Augen aus dem Sinn“ in Vergessenheit. Erst als Horst Schuller, der neue Küster der Kirchengemeinde, und Pfarrer Hartig im Frühjahr 2021 die längst fällige Durchsicht der Bücher vornahmen und Helmut Adams zufällig der Durchsicht auf dem Pfarrhof mit Argusaugen beiwohnte, entdeckte Adams tatsächlich ein 2. Zeidner Gedenkbuch mit Aufzeichnungen von 1900 bis 1935. Er stellte dieses Buch, wohl wissend, dass es archivarischen Charakter besitzt, sicher.

Das Buch wurde im Pfarramt in Verwahrung genommen und konnte anlässlich des 4. Arbeitscamps im Sommer 2021 auch von Altnachbarvater Udo Buhn und  Helmuth Mieskes in Augenschein genommen und als „besonders wertvoll“ bewertet werden. Leider und das ist  sehr bedauerlich, wurden aus dem Buch nach dem letzten Eintrag von 1935 etliche Seiten mutwillig und sicherlich auch vorsätzlich herausgerissen. Es fehlt der Aufzeichnungszeitraum der Amtszeiten von Pfarrer Leopold Priebisch, Heinrich Wagner und Richard Bell.

Wohl haben hier wichtige Ereignisse mit einer gewissen Brisanz (unsere Vermutung) der Jahre 1935 bis 1944 Erwähnung gefunden, die den Übeltäter – hier kann es sich nur um einen Zeidner handeln - dazu bewogen haben, diese eigentlich strafbare Handlung, zu begehen. Es muss angenommen werden, dass der Bücherschänder nach 1935 Zugang zum Pfarramt hatte und in den Vakanzzeiten dort schalten und walten konnte.

Nach dem Protokollbuch des Zeidner Verschönerungsvereins 1889-1938, dem ebenfalls Seiten, die 30er und 40er Jahre betreffend, herausgerissen wurden, ist dieses 2. Zeidner Gedenkbuch das zweite Buch unseres Zeidner Archivs, das aus niedrigen Beweggründen Schaden nehmen musste.

Das Buch endet mit handschriftlichen Eintragungen von Pfarrer Hermann Thalmann, der im Jahr 1971 in Zeiden zum Nachfolger von Pfarrer Richard Bell gewählt wurde, mit einer kurzen rückblickenden Betrachtung, der Vorgängeramtszeiten von Reichart, Priebisch und Bell, ohne selbst ab 1971 die Aufzeichnungen der Zeidner Denkwürdigkeiten fortzuschreiben.

Auch dieses 2. Zeidner Gedenkbuch wurde jetzt im März/April 2022 von Archivar Bernhard Heigl transkribiert und für uns lesbar gemacht. Das Buch, das im Sommer dieses Jahres gemeinsam mit anderen archivalischen Sachen dem Archiv in Kronstadt zugeführt werden soll, enthält interessante Aufzeichnungen der Pfarrer Johann Leonhardt (1900-1917) und Pfarrer Johannes Reichart (1917-1934), die unser Wissen um Zeiden und die Evang. Kirchengemeinde A.B. Zeiden bereichern.

Beide Gedenkbücher finden Aufnahme in der Fortschreibung der Zeidner Denkwürdigkeiten von 1848 bis 2022, die sich zurzeit als ZOG-Projekt der Zeidner Nachbarschaft in Arbeit befindet.

Sollte jemand – wichtige Dinge wirft man ja bekanntlich nicht gleich weg – „zufällig“ im Besitz der ausgerissenen Seiten sein, so würden wir uns über eine anonyme Zusendung dieser fehlenden Seiten besonders freuen. Wir finden, die Nachwelt hat ein Recht darauf zu erfahren, was in der besagten Zeit so brisant gewesen sein muss, um es dem interessierten Leser bewusst vorzuenthalten. Jetzt nach so vielen Jahren dürfte die damalige Brisanz über bestimmte Ereignisse, oder über Aufzeichnungen, die missverstanden werden können, längst verflogen sein.

Helmuth Mieskes