21.08.2019

Zeidner Sommer 2019 (II)

Eindrücke von Teilnehmern des Arbeitscamps und des Programms Kultur und Natur

Die Veranstalter des Zeidner Sommerprogramms Annette Königes und Udo Buhn baten die Teilnehmer um Eindrücke, von dem, was sie auf dem Kirchhof und auf ihren Ausflügen erlebten. Auch Daniela Boltres initiierte mit Schülern, unter anderem ihren Töchtern Marina und Silvia sowie Madeleine Aescht ein Projekt, in dem diese ebenfalls die Mitmachenden an diesem Programm befragten.  Erste Eindrücke sind schon eingetroffen und zwar vom Rosenheimer Pfarrer in Ruhe Hans Martin Schroeder und dessen Frau Elke. Sie stammen nicht aus Siebenbürgen, waren jetzt das erste Mal in Rumänien und schildern ihre Eindrücke:

 

Elke Schroeder:

„Ich bin mit Annette Königes befreundet und habe sie mehrfach als hervorragende Stadtführerin erlebt. Als ich erfuhr, dass sie inzwischen auch die Gegend um ihre Heimatstadt vorstellt, war ich entschlossen, so bald als möglich ein solches Angebot wahrzunehmen.

Vieles hatte ich bereits über Siebenbürgen gehört: die großartige Landschaft mit den reich bewaldeten Karpaten, das wunderbare Essen mit Rezepten, die man hierzulande nicht kennt – ja und die Menschen!

Nun liegt eine Reise hinter meinem Mann und mir, wie ich sie mir kaum besser hätte vorstellen können, wenn überhaupt. Denn eigentlich mögen wir keine Gruppenreisen. Aber diese war eine besondere: Man reiste selbstständig an, man wohnte selbstständig, man konnte sich an einem Arbeitscamp freiwillig beteiligen, und es war ein Programm mit zahlreichen Begegnungen angekündigt.

Schon die Anreise war ein durchaus lohnendes Abenteuer: 18 Stunden im Flixbus, einfache Strecke. Man brauchte nur ein bisschen Sitzfleisch. Alles Weitere war angenehm. In Hermannstadt angekommen, holte uns unser Wirt ganz selbstverständlich, wie er sagte, vom Bus ab. 260 km hatte er trotz Arbeit dafür auf sich genommen.

Leider war das Wetter an diesem Tag trüb und regnerisch, so dass die Schönheit der Landschaft sich uns noch nicht offenbaren konnte. Dafür war unübersehbar, dass Rumänien ein anderes Land ist als Deutschland. Viele Häuser schreien nach Renovierung, Mülltrennung scheint man kaum zu kennen. Der Strom erreicht die Häuser per „Kabelsalat“ – um nur Beispiele zu nennen.

Aber am nächsten Tag läuteten die Glocken zu Gottesdienst – auch hier neue Eindrücke – und im Anschluss war man in der Kirchenburg zu Kaffee und Baumstriezel eingeladen – gestiftet von einem Gemeindemitglied, weil man sich über die Rückkehr des Pfarrers freute und ausgeschenkt von einer beachtlich großen Jugendgruppe, die zur 360 Seelen-Gemeinde gehört.

Es dauerte auch nicht lange, dass wir ins Gespräch mit diesen und jenen kamen, in lockere herzliche Gespräche. Schon waren erste Kontakte geknüpft, auf die wir uns für den nächsten Tag freuten. Da sollte das Arbeitscamp beginnen: Kornkammern entrümpeln – das war mehr Männersache, angeleitet von Udo Buhn – und Essensbereitung für die Freiwilligen. Das war Frauensache, auch für mich. Freude hat es bereitet, das Werkeln, das Probieren und das Anbieten. Und wieder eine Handvoll neuer Gesprächspartner, zwei Tage lang.

Das war der ideale Boden für die geplanten Ausflüge über vier Tage hinweg: „Kultur und Natur“ war das Motto, darin eingebaut immer wieder besondere Begegnungen mit Menschen aus und um Zeiden, sowie den „Heruntergekommenen“, die seinerzeit das Land verlassen haben, inzwischen aber zurückgekehrt sind.

Besonders war für mich das Treffen im Kinderheim von Cornelia Fischer, die 1990 aus der Schweiz gekommen war und sich seitdem um Waisenkinder und bedürftige Kinder mit viel, viel Herzenswärme und klugem Organisationstalent kümmert. Das Ergebnis: strahlende Kindergesichter, denen man den Boden unter den Füßen anmerkt, obwohl jedes für sich Traumatisches im Leben bereits erfahren hat.

Nach diesem Programm war ausschließlich Wandern angesagt. Hier ging es um reines Landschaftsgenießen. Großartig. Und nebenbei bemerkt: Damit haben wir uns die Kalorien gefüllten Abende im Kreis von Menschen redlich verdient.

Es waren nur acht Tage. Gefühlt haben wir eine inhaltsreiche berührende Reise von mindestens drei Wochen erlebt. Danke Annette und Hans, danke Udo – und danke Siebenbürgen.“

 

Hans Martin Schroeder:

„Erste Begegnungen mit Siebenbürger Sachsen als junger Pfarrer in Waldkraiburg: Vieles habe ich nicht verstanden: Menschen, die ihre Heimat verlassen haben aus politischen oder finanziellen Gründen, weil sie unterdrückt und schikaniert wurden, immer noch große Trauer über den Verlust der Nachbarschaft und der Heimatkirche und dem damaligen Zusammenleben.

Viele Erzählungen gab es über die alte Heimat, die immer noch ganz lebendig war. Etwas von einem Trauerschleier und Sehnsucht lag über diesen Erzählungen. Ich hatte in meiner Familiengeschichte keine Erfahrungen von Flucht oder Vertreibung. So fiel mir der Zugang zu den Siebenbürger Sachsen nicht immer leicht. Es waren dennoch die persönlichen Begegnungen mit Einzelnen, es waren die Erzählungen und die spürbar große Sehnsucht, die mich immer wieder berührten.

Zu einer Reise nach Siebenbürgen könnte ich mich damals nicht entschließen. Nun, zwanzig Jahre später, hatte ich die Chance, das früher Gehörte selber zu erleben und wahrzunehmen in den nahegehen persönlichen Begegnungen mit Siebenbürgern in deren Heimatland.

Es war deutlich zu spüren, wie sehr alle die an ihrer Heimat hängen: die Zurückgekommenen, die ja nicht freiwillig gegangen waren, genauso wie bei denen, die geblieben waren. In zahlreichen Gesprächen erfuhr ich mehr und konnte das früher Gehörte neu einordnen. Die lebendigen Erfahrungen beim Arbeiten in der Kirchenburg - die alten Kornkammern wurden ausgeräumt und gereinigt. Wir waren um die fünfzig Freiwillige aus Deutschland und aus Zeiden. Wir arbeiteten zwei Tage gemeinsam.

Es wurde deutlich, wie froh und stolz wir waren, miteinander etwas zu schaffen. Dazu gehörte selbstverständlich das gemeinsame Essen und Trinken: neben vielen Köstlichkeiten der evangelische Speck, selbstgekelterter Wein samt „evangelischem Wasser“... Schließlich die wunderbare Landschaft und Kulturgüter, die wir kennenlernen durften, Engagierte, die anpacken, wo nötig und über allem immer wieder die Freude an Gemeinschaft. Zwischen all dem aber auch die Sorge um die Zukunft: Wie kann das Leben in Siebenbürgen, in der Kirche dort aufrecht erhalten werden mit dem „heiligen Rest“, der noch da ist?

 Ich wünsche den Siebenbürger Sachsen zu sehen, was ist und zu tun, was möglich ist, getragen von Glauben und Gemeinschaft, die helfen kann, gute Wege zu finden - nicht zuletzt im Vertrauen auf Gottes Hilfe.“