19.06.2015

Einige Eindrücke vom Zeidner Treffen in Dinkelsbühl 2015

Ich frage mich: „Sind wir beheimatet oder noch Fremde hier im Lande?“ Früher standen wir in einem anderen Verhältnis, wo? Eben in der alten Heimat, in Zeiden. Nun treffen wir uns hier alle drei Jahre; es kommen ein Drittel, ein Viertel oder nur ein Fünftel von den zwei- oder zweieinhalb Tausend, die wir noch in Zeiden lebten. Wo bleiben die vielen anderen, die wir auch gerne gesehen und begrüßt hätten? Nach dem Treffen zähle ich die, die nicht dabei waren, in Gedanken auf, soweit sie mir in Erinnerung geblieben sind.

Wir trafen und bewegten uns bei schönstem Wetter vor und in der Schranne in der historischen Stadt Dinkelsbühl. Die Zeidner Blasmusik spielte auf und die Nicht -Zeidner, die sich in der Stadt bewegten, fragten sich wohl: „Wer sind das, was tun sie hier, und das sogar über Tage?“ Gerne erklärten wir es dem, der eben seiner Neugier nicht Herr werden konnte, denn wir fühlten uns geehrt und waren stolz darauf, Interesse geweckt zu haben. Und, wie lautet so eine Antwort: „Wir gehören zusammen, wir stammen aus dem selben Ort aus Siebenbürgen. Haben Sie schon mal davon gehört?“ Und wir kommen ins Gespräch; das ist jahrhundertealte Tradition, die nach dem zweiten Weltkrieg in Gefahr kam und allmählich verloren ging, und, und, und. Dazu gehören jedes Mal nach einer festlichen Eröffnung: eine Bilder- und Kunstausstellung, ein Ortsgeschichtlicher Gesprächskreis, festliche Kulturveranstaltung, große Sitzung mit Rechenschaftsbericht des Nachbarvaters, Neuwahlen des Nachbarschaftsvorstandes, der Wunderkreis. Das alles wird begleitet von der Zeidner Blasmusik. Wir freuen uns, wenn dabei Bewunderung oder zumindest Aufmerksamkeit, festzustellen ist.

Es kommen Gäste aus allen Teilen Deutschlands, auch aus Rumänien, aus unserem Heimatort. Sogar mit einer Tanzgruppe in sächsischer Volkstracht sind sie angereist. Alles ganz schön. Bei näherer Betrachtung kommen allerdings auch gewisse Gedanken auf - es war mal anders.

Ungewöhnlich – die Tanzgruppe besteht vorwiegend aus Jugendlichen rumänischer Nationalität, führte jedoch unsere sächsischen Tänze geradezu perfekt auf. Ich kann mich kaum erinnern, dass mich je Volkstänze so beeindruckt haben wie eben dieses Mal.

Der Wunderkreis war etwas Besonderes, als hätte er zum ersten Mal stattgefunden: Er hat Gefühle erweckt, und ich frag mich wieso? Waren es die altbekannten Klänge der Blasmusik, die bunt gemischt, Jung und Alt beim fröhlichen Durchmarschieren, begleitete?

Die ganze Zeit über begegnet und begrüßt man alte Bekannte, etliche jüngere kennt man nicht, fragt: „Wer bist Du?“ Um klar zu kommen, muss der oder die nicht nur die Eltern, sondern auch die Großeltern nennen. So hat man sich im Laufe der Jahre etwas entfremdet.

Was soll man von denen sagen, die nicht dabei waren? Man hört: Einige haben kein Interesse mehr an einem Treffen, es ist sowieso alles vorbei. Dabei haben sich die Organisatoren größte Mühe gegeben, um alles bestens vorzubereiten. Hauptsache, es geht uns gut, und wir brauchen nicht darüber nachzudenken. Der junge Stadtpfarrer aus Zeiden, der beim Treffen dabei war, hat sicher einiges nicht gesagt, was er gedacht hat. Ich auch nicht. Das Nichtteilnehmen (können) am Treffen hat natürlich auch andere Gründe. Es ist eben nur „ein Treffen“ und nicht ein „Zusammen Leben“. Wenn wir so wie früher beisammen wären, gäbe es sicher auch Probleme. Und trotzdem muss ich immer wieder sagen: Wir haben viel, sehr viel verloren.

Über diese Probleme denke ich nach und werde damit nicht fertig; etwas stimmt nicht.

Und dann hat Zeiden zurzeit einen hervorragenden Organisten, der im Abschlussgottesdienst gespielt hat, dass es einem kalt und heiß zumute wurde.

Nur de Gesand, af Wedersän,

Franz Buhn