12.09.2014

Das Zeidner Waldbad am Rande der Zeidner Begegnung

Bevor ich mit meiner Frau und meiner seit vielen, vielen Jahren in Amerika lebenden Schwester im August diesen Jahres die Reise nach Zeiden antraten, um auch an dieser 4. Begegnung in Zeiden teilzunehmen, waren wir mit Udo Buhn und besonders mit seiner Tochter Sylvia in den Wochen, ja noch Tagen davor, bemüht, das Buch „Das Zeidner Waldbad von der Gründung bis heute - 1904-2014“ fertig zu stellen, im Eiltempo drucken zu lassen und es mit Kurt Schoppel druckfrisch nach Zeiden zu bringen, um es dort anlässlich des 110-jährigen Jubiläums des Zeidner Waldbades im ZOG (Zeidner Ortsgeschichtlicher Gesprächskreis) vorzustellen. Was im Jahr 2004 beiläufig angeregt wurde, wurde nach zehn Jahren endlich wahr. Das ist wahrlich kein Ruhmesblatt für den Autor, aber jetzt wo diese Dokumentation abgeschlossen ist, soll das jetzt keine Rolle mehr spielen. Das Einpflegen der Bilder, das letzte Korrekturlesen, das Beseitigen der letzten Fehler waren so zeitintensiv, wie ich mir das vorher kaum hätte vorstellen können. Gemeinsam mit Udo haben wir dabei unzählige Waldbadbilder in den Händen gehabt, haben dabei gemeinsame Erinnerungen ausgetauscht, Bilder am PC angeschaut, qualitativ verbessert und uns letztendlich für die Bilder entschieden, die das Buch jetzt schmücken und dabei etwas Nostalgie aufkommen lassen. Beim Betrachten der Bilder, die aus unterschiedlichen Jahren stammen, habe ich mir immer wieder die Frage stellen müssen, wieso dieses Waldbad für mich bis heute noch immer etwas Besonderes darstellt und auch im Jahr 2014 seine Anziehungskraft noch immer nicht verloren hat. Udo hat dieses Phänomen in seinem Vorwort mit dem Satz eines bekannten Schauspielers „ Heimat ist nicht ein Ort, Heimat ist ein Gefühl“ treffend beschrieben. Dieser Feststellung kann ich mich nur anschließen und ich bin sicher, dass ich nicht der Einzige bin, der diese Erkenntnis mit mir teilt und in sich trägt.

Wenn auch im Programm der 4. Zeidner Begegnung das 110-jährige Jubiläum des Waldbades und der Besuch des Waldbades nicht offiziell aufgenommen wurden (der Vorstand der Zeidner Nachbarschaft und die Kirchengemeinde hatten sich für das  traditionelle Schulfest und den Wunderkreis entschieden), stand der gemeinsame Besuch des Waldbades nach der dreitägigen Begegnung auf der Wunschliste des vielseitigen Rahmenprogramms.

Und so traf man sich an einem Wochentag im August in der Marktgasse vor der „Pension Anelize“, um dem Waldbad den obligatorischen Besuch abzustatten. Eine erstaunlich kleine Gruppe wählte an diesem herrlichen und sehr warmen Sommertag den Waldweg, der Rest der Besucher, wollte scheinbar den neu geteerten Waldbadweg (Buadwiäch) vom Cotul Donului in Augenschein nehmen und sich von der Qualität dieses lang ersehnten Zubringerweges ins Waldbad überzeugen.

Im Waldbad angekommen, wurde uns – den „deutschen Gästen“ - der Eintritt (15 Lei für Erwachsene) auf Weisung von ..., den Namen des dafür Verantwortlichen werden wir nie erfahren, erlassen. Das erstaunte uns auf den ersten Blick, zumal wir ja aus sicherer Quelle (Bürgermeister Catalin Munteanu informierte uns Tage zuvor eingehend über den Stand des andauernden Rechtstreits) wussten, dass der Waldbadbetrieb nach wie vor privat betrieben wird und sich eine Lösung anbahnt, die den Status Quo beibehalten soll. Der Anblick der gesamten Anlage, die auf zusätzliche Pflege schließen ließ,  erfreute uns. Die Liegewiese, ausgestattet mit neuen Sonnenliegen und Sonnenschirmen war sauber, die Wege und der Zugang zur Terrasse gekehrt, das Planschbecken und  Schwimmbecken einladend und auch sonst hatte man den Eindruck, dass zumindest im pflegerischen Bereich alles getan wird, um den Eintrittspreis, der für rumänische Einkommensverhältnisse zwar erschwinglich, aber doch ziemlich hoch ist, zu rechtfertigen. Dem etwas gehobenen Preisniveau entsprechend, war auch der Andrang am Becken und auf der Wiese etwas enttäuschend. Dort wo sich vor Jahrzehnten während der Woche an schönen Sommertagen fast regelmäßig 300-500 Badegäste tummelten (an Wochenenden wurde die 1000-er Gästemarke fast immer geknackt) und ihren Badespaß hatten, fand man lediglich 20-30 vorwiegend junge Badegäste, denen das Bräunen scheinbar wichtiger war, als die Körperertüchtigung im 18 Grad kalten Wasser. Selbst unter uns, konnte  manche/r das beim Anfühlen des Wassers verstehen.

Dennoch durfte unser obligatorisches Bad – 2004 und 2011 waren uns in bester Erinnerung - nicht fehlen. Diejenigen, denen die Wassertemperatur scheinbar nichts ausmachte, sprangen übermütig ins Wasser, bestiegen den „mickrigen“ Betonsprungturm (der Turm verdient es eigentlich nicht erwähnt zu werden), zeigten saubere Kopfsprünge und schwammen die eine oder andere Runde, bis die doch sehr gewöhnungsbedürftige Wassertemperatur sie zum Verlassen des Beckens zwang. Sicher war nicht die Hinweistafel – die vor thermischem Schock warnte – schuld daran, sondern die 18 Grad, die sich doch irgendwie kälter, als früher anfühlten.

Die Versorgung zu Mittag – es gab wie immer mici, Würstchen und Pommes, funktionierte im Gegensatz zur alt bekannten Versorgung im Schulfest einwandfrei. Keine Wartezeiten, freundliche Bedienungen, kühle Getränke und junge Bedienstete, denen sicher bislang in ihrem Leben jegliche Art von Versorgungskrise erspart geblieben ist.  Rundum waren wir zufrieden, kritische Worte fanden wir untereinander nur beim Betrachten des ersten Sees, der durch den durchlässigen Damm zunehmend Wasser verliert und im Bereich des gesamten Seeufers auszutrocknen scheint. Des Weiteren waren der Anblick der unzähligen Feuerstellen entlang des zweiten Sees und die  zahlreichen Müllhalden am Ufer kein erfreulicher Anblick. Das dieser idyllische Bereich entlang der beiden Seen im Goldbachtal nicht geschützt und überwacht wird, ist sicher ein großer Fehler. Viele Gemeinden und Städte in der Umgebung wären froh, wenn sie in Ihrer Nähe der Natur so begegnen könnten, wie man das im Goldbachtal tun kann.

So ging dieser schöne Waldbadtag am späten Nachmittag mit vielen Gruppengesprächen zu Ende – und jeder genoss ihn auf seine eigene Art. Meine Schwester, übrigens im Kindesalter eine richtige Wasserratte, die ich als Kind im Waldbad nur mit blauen Lippen kannte, hat das Waldbad seit 37 Jahren erstmals wieder besucht – und selbst mit 61 Jahren, konnte sie sich den Kopfsprung vom Beckenrand nicht verkneifen. Respekt !!

Natürlich wurden auch heuer wieder viele Bilder gemacht, um das Waldbad im vorgefundenen Zustand fest zu halten. Jedes Bild für sich hat einen besonderen Erinnerungswert. So auch ein kleines obligatorisches Gruppenbild, das stellvertretend für uns alle an die Gründungsväter dieses Waldbades erinnern soll. Das dabei auch Enkel von Mitgliedern des Verschönerungsvereins dabei waren, ist sicher nicht Jedem aufgefallen, aber es verstärkt den Erinnerungswert  in einem besonderen Maße.

Gerne hätte ich dem jetzigen Besitzer zum 110. Jubiläum „seines“ Waldbades an diesem Tag ein Waldbadbuch geschenkt. Doch leider war er nicht zugegen. Beim Anblick der Bilder aus den dreißiger Jahren, ja selbst aus den siebziger Jahren, wäre er beim Anblick der Menschenmassen, die dieses Waldbad an herrlichen Sommertagen einmal  bevölkerten, nicht aus dem Stauen gekommen. Sollte er den noch andauernden Rechtstreit im Sinne einer wirklich gerechten Anerkennung seiner Besitzansprüche irgendwann gewinnen, so wäre es ihm zu wünschen, dass er mit viel Engagement, mit  der gebotenen Weitsicht und vor allem mit gesundem Geschäftssinn, das Waldbad wieder zu richtigem touristischem Glanz heranführt. Wie das gehen kann, haben andere „Eigentümer“ von Bädern in Rumänien längst unter Beweis gestellt.

Wir, die Mitglieder der Zeidner Nachbarschaft und auch die Einwohnerschaft von Zeiden, würden sich darüber sicher sehr freuen.

Und übrigens, das Zeidner Waldbad hat auch nach 110 Jahren kein modernes Sportbecken, kein Sprudelbad, keine Rutsche, keine Massagedüsen und schon gar nicht einen vorzeigbaren Sprungturm – und dennoch werde ich dieses Gefühl, das Udo beiläufig im Vorwort kurz beschrieben hat, auch nach diesem Waldbadbesuch nicht los.

Helmuth Mieskes, Böbingen