26.06.2014

Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn bereist Siebenbürgen

Vorurteile kann man den Mitgliedern der Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn gewiss nicht nachsagen – Musik formt bekanntlich den Charakter und bildet den Geist. Dennoch dürfte der eine oder andere mit einem leicht mulmigen Gefühl nach Rumänien gereist sein. Denn allzu viel hatte man in letzter Zeit über Rumänen auf Diebestour in Deutschland oder angeblich einfallende Horden von Sozialleistungserschwindlern aus dem noch jungen EU-Mitgliedsland gelesen. Dass letztendlich alle zufrieden und reich an neuen Eindrücken und Erfahrungen zurückkehrten, lag nicht nur an den sehenswerten Kulturschätzen und der Geschichte eines überhaupt nicht schaurigen Transsylvanien, sondern auch an der herzlichen Bevölkerung dort.

Eingefädelt und organisiert hatte die einwöchige Reise vom 7. bis 14. Juni Ottobrunns Ex-Bürgermeisterin Prof. Dr. Sabine Kudera und ihr Kontaktkreis Siebenbürgen/Rumänien e.V. Vor zwei Jahren hatten sie eine rumänische Folkoregruppe aus dem siebenbürgischen Zeiden nach Ottobrunn geholt und ihr ein abwechslungsreiches Programm geboten. Sogar beim Kultursommerfest der Gemeinde, einem Höhepunkt im jährlichen Veranstaltungskalender Ottobrunns, waren die Gäste aus Rumänien aufgetreten. Nun also stand ein Gegenbesuch an, zu dem sich die Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn bereit erklärt hatte. Begleitet wurde sie von der aus Zeiden stammenden Harda Kuwer-Ferstl als Vertreterin des Kontaktkreises.

Rund 50 Mitglieder der etwa 200 Personen starken Kapelle einschließlich der Vorstände Florian Sepp und Marieluise Kolb sowie des musikalischen Leiters Konrad Sepp hatten ihre Koffer und Instrumente gepackt und sich nach Transsylvanien gewagt, in das Land »jenseits der Wälder«, wie der Name besagt.

Nach der Ankunft auf dem Bukarester Flughafen und einer kurzen Besichtigung der rumänischen Hauptstadt Bukarest fuhren die Höhenkirchen-Siegertsbrunner nach Wolkendorf (Vulcan) im Kreis Kronstadt, wo sie von Pfarrer Uwe Seidner begrüßt wurden und ihr Quartier bezogen.

Schon am Sonntag stand der erste Höhepunkt an. Nachdem die Blaskapelle den Gottesdienst in der Wolkendorfer Kirche begleitet hatte, folgte ein Umzug durch das Dorf mit Fahnenträgern, Reitern, Vereinen und dem Bürgermeister, der nicht nur von der Bevölkerung begeistert aufgenommen, sondern auch von einem Storchenpaar mit Nachwuchs aus luftiger Höhe neugierig beäugt wurde. Zum Standkonzert vor der russisch-orthodoxen Kirche und dem über einstündigen Konzert im Hof der evangelischen Kirchenburg Wolkendorf fanden sich zahlreiche Vertreter sämtlicher Nationalitäten Siebenbürgens ein: Rumänen, Siebenbürger Sachsen, Ungarn und Roma. Beim anschließenden Mittagessen im Pfarrhof wurde auf Kesseln über offenem Feuer der traditionelle siebenbürgisch-sächsische Eintopf »Sterz« zubereitet.

Ein regelrechtes Marathonprogramm absolvierten die oktoberfestgestählten Musiker am Pfingstmontag. Zunächst begleiteten sie Pfarrer Andreas Hartigs Gottesdienst in der evangelischen Kirche von Zeiden,  um gleich danach im Zeidner Kirchhof vor der begeisterten Bevölkerung Stücke aus ihrem eindrucksvolles Repertoire von Volks- bis Filmmusik zum Besten zu geben.

Am Nachmittag folgte ein weiterer Auftritt auf dem Marktplatz von Kronstadt. Dort war eigens eine Bühne für die Musiker aufgebaut worden. Nach einer kurzen Ansprache des Kronstädter Bürgermeisters und der Vizebürgermeisterin traten als Vorgruppen das Blasorchester des Kronstädter Andrei-Şaguna-Lyzeums auf sowie die Burzenländer Blasmusik. Höhepunkt der Veranstaltung war jedoch zweifellos das einstündig angesetzte, aber wegen der begeisterten Massen letztendlich zwei Stunden dauernde Konzert der Höhenkirchen-Siegertsbrunner. Sogar ein Zwischenspiel mit drei Alphörnern boten die Bayern dem verblüfften Publikum – solche Klänge hatte die Stadt im Karpatenbogen sicher noch nie gehört! Mit Standing Ovations quittierte die dankbaren Zuschauer den denkwürdigen Auftritt. Der Kronstädter Stadtrat Christian Macedonschi, der das Konzert organisiert hatte und auch moderierte, zeigte sich so überwältigt, dass er einen Ausbau der Kontakte anregte.

Nach dem straffen Spielplan am Pfingstwochenende bekam der Musikantentrupp Gelegenheit zu einem mehrtägigen Streifzug durch Siebenbürgen. Reiseleiter Hermann Kurmes vom Ökotourismusunternehmen Cntours in Măgura, der das Besichtigungsprogramm geplant hatte, brachte den Musikern mit Unterstützung von Pfarrer Uwe Seidner die schönsten Seiten der Region nahe, etwa die 1999 zum Weltkulturerbe ernannte Altstadt von Schässburg, das in seinem ursprünglichen Zustand erhaltene siebenbürgisch-sächsische Dorf Deutsch-Weißkirch (Viscri), in dem kein Geringerer als Prinz Charles einen eigenen Bauernhof besitzt und regelmäßig Zuflucht sucht, die sehenswerten Kirchenburgen von Tartlau und Honigberg, die im 13. Jahrhundert erbaute Burg des Deutschen Ordens in Rosenau, das Schloss Bran, von dem sich Bram Stoker angeblich zu seinem Roman Dracula inspirieren ließ, und die Schwarze Kirche in Kronstadt.

Mit einem letzten Konzert vor der malerischen Kulisse der Kirchenburg in Zeiden ging die Transsylvanien-Tournee der Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn am Freitag zu Ende. Leider hatten die Verantwortlichen vom Kulturhaus organisatorisch nicht gerade brilliert. Weder hatte man viele Plakate aufgehängt noch die Bevölkerung über die kurzfristige Verlegung vom Kulturhaus auf den Kirchplatz informiert – und schon gar keine Sitzgelegenheiten für das Publikum herbeigeschafft. So blieb die Besucherzahl letzlich überschaubar, was der Spielfreude der Höhenkirchen-Siegertsbrunner jedoch keinen Abbruch tat.

Bei der abendlichen Abschlussfeier in Wolkendorf zog Vorstand Florian Sepp schließlich ein durchweg positives Resümee der einwöchigen Reise und bedankte sich bei allen Mitwirkenden und Organisatoren. Einziger Wermutstropfen, so Sepp, sei die Tatsache, dass man die beiden Pfarrer Uwe Seidner und Andreas Hartig nicht mit nach Hause nehmen könne.

Reinhard Ferstl, Ottobrunn