Nächstenhilfe bei Freunden in Zeiden

Gemeindeglieder waren wieder unterwegs in Rumänien

GRÜNEBERG - Mehrere tausend Kilometer zurückgelegt, durch fünf verschiedene Länder gefahren und das alles ohne Ausweiskontrollen und bewaffnete Grenzposten – Gerhard Gabriel ist stets aufs Neue von den freizügigen Reisemöglichkeiten in den „Vereinigten Staaten von Europa“ begeistert. Grünebergs Pfarrer gehörte zu einer Gruppe von Gemeindegliedern des Kirchenkreises Templin-Gransee, die vom 17. bis zum 25. September liebe Freunde in der rumänischen Partnergemeinde Codlea (Zeiden) besucht hat und voller neuer Eindrücke wieder heimgekehrt ist. „Seit dem Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union vor zwei Jahren hat das Land eine explosionsartige Entwicklung genommen“, sagt Pfarrer Gabriel und ergänzt sogleich: „Die europäische Osterweiterung funktioniert.“ Viele Straßen und Wohnhäuser seien gebaut und historische Gebäude saniert worden. Und die Deutschen würden daran partizipieren, weil sie im ganzen Land sowohl auf dem Wirtschafts- als auch auf dem Versorgungs- und Dienstleistungssektor ausgesprochen stark engagiert seien.

Es sei allerdings auch unverkennbar, dass eine solche Entwicklung nicht zugleich Wohlstand für alle bedeute. Vielmehr zeichne sich ab, dass die Gesellschaft zunehmend von einer kleinen reichen Oberschicht und einer großen Gruppe armer Leute geprägt wird. Eine Mittelschicht fehle dagegen fast völlig. „Eine Lehrerin in Rumänien verdient im Monat etwa 210 Euro, ein Schafhirt 300 Euro, ein Bauarbeiter 300 Euro, die Rente liegt bei etwa 100 Euro im Monat und die Kaltmiete für eine Dreiraum-Neubauwohnung kostet rund 120 Euro“, berichtet Pfarrer Gabriel. Die Zahlen machten deutlich, dass das Leben für viele Familien kein Zuckerschlecken ist. Hinzu kämen viele Zigeuner, von denen ein Großteil am Rande von Wohngebieten in großer Armut lebt. Dennoch, so unterstreicht Pfarrer Gabriel, habe er – anders als bei Besuchen in den Jahren zuvor – kein Kind mehr gesehen, das bettelt.

Das Leben in Codlea ist für viele Leute schwer, weshalb der Kirchenkreis Templin-Gransee mit Hilfe seines Rumänienausschusses Unterstützung für die Brüder und Schwestern in der Partnergemeinde organisiert. Die Abordnung, die jetzt im Auftrag der Synode in Rumänien war, hatte wieder etliche Hilfsgüter im Gepäck: Saatgut (Mais), Medizin, auch für Tiere (etwa Penicillin für entzündete Kuheuter), Rollstühle, Kunstzähne und 7000 Euro. Das Geld setzt sich aus Spenden zusammen. Jedes Gemeindeglied des Kirchenkreises Templin-Gransee (rund 17 000 Mitglieder) entrichtet für die Rumänienhilfe jeweils 50 Cent im Jahr. Darüber hinaus ist auch eine kreiskirchliche Kollekte im Jahr aus der Partnergemeinde Altenkirchen auf die Unterstützung rumänischer Glaubensbrüder ausgerichtet.

Unterstützt werden in der Gemeinde Codlea unter anderem eine Suppenküche, die dort alle zwei Tage Essen ausschenkt, ein evangelischer Kindergarten, die Jugendarbeit der Kirchengemeinde und die Finanzierung von Brennholz zum Heizen während der strengen Winter. Was eine warme Stube betrifft, hat auch die in Codlea sehr beliebte deutsche Schule aufgrund baulicher Mängel immer wieder Hilfsbedarf. „Wir sind in der Partnergemeinde wieder sehr herzlich aufgenommen worden, berichtet Pfarrer Gabriel. Gleich am zweiten Besuchstag habe er gemeinsam mit Pfarrer Andreas Hartig, der erst drei Wochen dieses Amt in Codlea bekleidet, einen Gottesdienst mit Abendmahl abgehalten. Das sei auch deshalb eine Ehre gewesen, weil Gottesdienste in Rumänien nur zu besonderen Anlässen von Abendmahlen begleitet werden.

„Ein herzlicher Dank“, so Pfarrer Gabriel, „gilt allen edlen Spendern, die Geld und andere Dinge mit nach Codlea geschickt haben.“

Von Bert Wittke

Artikel erschienen in der Märkischen Allgemeinen am 30. September 2009