09/05/23

Von und in Heimaten musikalisch erzählen

Schlesisch-Sudeten-Siebenbürger Söhne schildern in Tönen von der „Eintracht Band“

Das Musikantenquartett „Die Bartscher“ um den gebürtigen Zeidner, Reinhard Göbbel, spielte während des nur achttägigen Siebenbürgen-Aufenthaltes an sieben unterschiedlichen Stätten. Ihre stimmungsvolle Blasmusik erklang im Kirchhof sowie im Festsaal anlässlich der Wiedereinweihung der Petersberger Kirche am 6. August, brachte tags drauf im landeskirchlichen Altenheim Schweischer Schwung in die Beine und erfreute am dritten Tag der Burzenland-Tournee in der Zeidner Kirche die Besucher des besonderen Abendkonzertes. Der zweite Teil des Kulturaustausches und Kennenlernen sächsischer und rumänischer Besonderheiten führte über das orthodoxe Kloster Sâmbăta de Sus und die Zisterzienser-Abtei Kerz ins Altland. In Hermannstadt erlebten die Gäste des „Hermania“-Restaurants mit den „Bartschern“ eine wohltuende Wirtshauskapelle, die Freitag-Abend-Besucher des „Großen Rings“ lebendige Straßenmusikanten und die Bewohner*innen des „Dr. Carl Wolff“-Altenheimes herzliche Klänge. Der größte Einsatz war am 11. August beim Heimattreffen der HOG Waldhütten, wo „Die Bartscher“ zunächst als klassisches Bläserquartett den gesamten liturgisch-musikalischen Part im Abendmahlsgottesdienst meisterten, um anschließend an die Festessensmusik den Trachtenumzug „Unter die Linden“ zu begleiten, wo dann noch fleißig zum Tanz aufgespielt wurde.

Die leidenschaftlichen und musikalisch vielseitig erfahrenen Laienmusiker spielen unveröffentlichte Märsche, Polkas, Walzer, Tangos, u.a. des Sudetendeutschen Erich Bartsch (1921-2001), dem Vater des Flügelhornbläsers Martin Bartsch. Die von Letzterem gefundenen handschriftlichen Kompositionen wurden allesamt von Reinhard Göbbel für zwei Flügelhörner, Akkordeon (Peter Heidler) und Tuba (Norbert Stiller) arrangiert und notiert. Hinzu kommen noch einige Eigenkompositionen der Musikanten selbst, so dass „Die Bartscher“ ausschließlich Unikate zu Gehör bringen.

Alle vier Mitglieder der Musikgruppe haben einen gemeinsamen geschichtlichen Hintergrund. Sie sind Söhne von Vertriebenen bzw. Aussiedler aus Schlesien, dem Sudetenland oder Siebenbürgen. Wohnhaft im an Tschechien angrenzenden Landkreis Hof (Oberfranken/Bayern) kennen drei von ihnen das Böhmer-/Sudetenland recht gut, Siebenbürgen allerdings lediglich als ein „transsilvanisches Märchenland“. Durch die Organisierung dieser Kulturreise hat der gebürtige Siebenbürger Göbbel bei seinen Musikfreunden aus Deutschland eine Horizonterweiterung in der Wahrnehmung eines (ehemals) deutschsprachigen Gebietes in Europa bewirken können. In Siebenbürgen lebende Deutsche und ihr Umfeld haben in der Musik eines Vertriebenen und dessen „Söhnen“ herzliche, schmerzliche, freudige, nachdenkliche, lustige, versöhnliche und verbindende Tongeschichten gehört. So ist ein in den Augen des Kulturwerkes der Siebenbürger Sachsen e.V. nicht förderungswürdiges Projekt durch hohes persönliches und finanzielles Engagement dennoch zu einem großartigen Erfolg geworden.

Reinhard Göbbel