09/05/24
Die „Projektkapelle Martin Thies“ beim Großen Sachsentreffen 2024
Ende oder Anfang eines Erlebnisses?
Wann ist ein Projekt abgeschlossen? Der Beginn ist klar auszumachen. Es war der Samstagnachmittag des 6. Burzenländer Musikantentreffens 2023 in Friedrichroda. Eine Idee, die schon lange in mir gärte, erreichte begeisterungsfähige Musikfreunde. Durch Zufall war ich nämlich 2014 in Zeiden auf alte Musikblätter gestoßen, eines davon in Martin Thies‘ (1881-1940) Originalhandschrift. Jetzt war in dem Vorhaben des Großen Sachsentreffens 2024 der Zeitpunkt gekommen, die Musik des heimischen Komponisten und zeitweiligen Dirigenten der Zeidner Blaskapelle wieder an die siebenbürgische Öffentlichkeit zu bringen.
Klaus Knorr, langjähriger „Motor“ der „Vereinigten Burzenländer Blaskapelle“, gesellte sich als idealer Unterstützer dazu und so entfachte sich ein Funke: Wir bilden eine Blaskapelle, die im Sommer 2024 hundertjährige Blasmusik von Martin Thies an ihrem Herkunftsort neu spielt.
Nun haben bis zu 35 Musikanten diese Inspiration umgesetzt und erfolgreich präsentiert. Am 3. August erklangen beim Trachtenumzug durch Hermannstadts Altstadt sowie dem einstündigen Konzert auf der Hauptbühne am Großen Ring lange nicht gespielte beziehungsweise wiederentdeckte und von mir aufbereitete Märsche, Polka francés, Mazurken, Konzertwalzer im Wiener Stil und Bearbeitungen siebenbürgisch-sächsischer Volkslieder.
In ihrer ausdrucksstarken Moderation vermittelte Annette Königes dem Publikum die Absicht des „Cavaliers der siebenbürgischen Blasmusik“, nämlich eigene oder anderer Menschen Erlebnisse in den Orten, Wiesen und Wäldern um den Königstein, den Zeidner Berg oder den Schuler musikalisch zu illustrieren. Für mich war es eine harmonische Erfüllung, wenn und weil die leidenschaftlich engagierten Musikanten die Richtungen, Tempi und Nuancen meines Dirigates mit Tonbildern burzenländischer Gefühle, Gefilde, Geräusche, Gebräuche und Gebahren ausfüllten.
Aus dieser Schatzkiste siebenbürgischer Kultur schöpfte und versprühte die „Thies-Kapelle“ in der folgenden Woche Flammen der Begeisterung auf dem Kronstädter Rathausplatz (06.08.), im „Schulfest“ bei der 6. Zeidner Begegnung (08.08.), beim Heimattreffen in Tartlau (10.08.) und letztendlich anlässlich der Wiedereinweihung der Kirchenburg in Wolkendorf (11.08.), dem Geburtsort Martin Thies‘.
Möglich war diese Thies’sche Dynamik durchs Sachsen- und Burzenland in erster Linie dank des hohen persönlichen ideellen und materiellen Aufwandes der einzelnen Teilnehmenden. Ausdrücklich möchte ich Hatto Müller erwähnen, der mit großer Hingabe Notenmaterial in analoger und digitaler Form aufbereitet, transportiert und immer parat hatte. Ebenso wichtig ist die Unterstützung und das Vertrauen der verschiedenen Heimatortsgemeinschaften, allen voran die Regionalgruppe Burzenland mit Manfred Binder sowie des Siebenbürgenforums mit Andrea Rost, die uns die „Bühnen“ für unser Projekt geboten haben.
Wenn „nomen est omen“ gilt, wäre nun das Ziel der „Projektkapelle Martin Thies“ erreicht. Allerdings hat dieses Musik-Erlebnis namens „Martin Thies-Kapelle“ und die Rückmeldungen dazu ein Potenzial offengelegt, das aus dem Ende einen Anfang macht.
Reinhard Göbbel