Erste Dinkelsbühl-Eindrücke 2011: Rekordbeteiligung der Zeidner – qualitativ und quantitativ

Man neigt ja gerne – erst recht nach einer gelungenen Veranstaltung – in Superlativen zu schwelgen. Und: Ich kann mir nicht helfen, ich muss, ja, ich muss es auch nach dem diesjährigen großen Sachsentreffen in Dinkelsbühl tun. Egoistisch wie ich nun mal bin, erlaube ich mir, den Schwerpunkt auf die Zeidner Präsenz zu legen. Ich behaupte ungeschützt und ohne einen Blick ins Archiv des „Zeidner Gruß“ getan zu haben, dass unser Heimatort mit seinen großartigen Leuten (auch das muss zwischendurch mal gesagt werden) eine ausgezeichnete Nummer ablieferte – eben die beste, seit 1951 das erste Sachsentreffen in Dinkelsbühl stattfand.  

Noch nie habe ich zu Pfingsten so viele Zeidner durch die Straßen dieses romantischen Städtchens im Frankenland gehen gesehen – noch nie war der „Dinkelsbühler Hof“, der Treffpunkt der Zeidner, am Sonntagnachmittag so gerammelt voll – und vor allem: Noch nie haben die Zeidner so aktiv den Heimattag mitgestaltet wie in diesem Jahr.

Ich bin einige Male darauf angesprochen worden, und das klang dann vom Gegenüber zum Beispiel so: „Wenn ich ins Programm schaue, sehe ich fast nur Zeiden, Zeiden, Zeiden. Was ist los mit Euch?“

Dafür gibt es unter anderem eine gute Antwort: Die Regionalgruppe Burzenland ist Mitausrichter des diesjährigen Heimattages gewesen, um zum Beispiel gebührend die 800 Jahre zu feiern, seit ihr Landstrich besiedelt wurde. Und im Rahmen der Vorbereitungen zu Dinkelsbühl konnten die Zeidner eine Menge guter Vorschläge einbringen und nützten diese einmalige Gelegenheit, um einige jüngere und weniger junge Talente für dieses Ereignis zu mobilisieren. Und siehe da: Es funktionierte sehr gut.

Es fing schon mit der feierlichen Eröffnung dieses Heimattages an, auf der Oberbürgermeister Christoph Hammer feststellte, dass er sich nicht erinnern könne, jemals so eine Promidichte zu einer Veranstaltung in seinem Ort gehabt zu haben: zwei Innenminister (den bayrischen und den deutschen, den rumänischen Außenminister, den rumänischer Botschafter, Landtags-, Bundestagsabgeordnete, den Bischof der evangelischen Kirche in Siebenbürgen und schließlich mit Peter Maffay einen der besten Rocksänger Europas und bekanntester Siebenbürger.

Moderiert wurde die Eröffnungsveranstaltung am Samstagvormittag von Annette Königes, die musikalische Umrahmung besorgten Peter Roth mit seinen beiden Töchtern Doris und Heinke sowie deren Freund Tobias.

Mit charmant-ironischen Kommentaren zu den manchmal etwas langatmigen Politikerreden sorgte Annette (wir Zeidner sagen eigentlich „Netti“) für eine aufgelockerte Stimmung, für die sie von den Politikern danach viel Lob erntete. So kündigte sie zum Beispiel nach einigen Reden Peter und sein Quartett mit den Worten an: „Nun hören Sie einen wortlosen Beitrag….“. Es herrschte Stille im Saal, alle warteten, was passieren würde, und hinter der Bühne erschien dann Peter mit seiner musikalischen Familie. Ihre Einlagen klassischer Musik (Videoclip Youtube) wurden mit viel Beifall honoriert, sie bildeten einen gelungenen Kontrapunkt zu dem Redemarathon. Als Peter am späten Nachmittag mit seiner Familie noch durch den Spitalhof (das ist der Platz, auf dem es die Mititei und den Baumstritzel gibt), schlenderte, begegneten sie auch Bischof Guib. Dieser ging direkt auf Peter zu und beglückwünschte ihn für die Vormittagseinlagen. Peter war schwer beeindruckt, wie er nachher erzählte, dass der Bischof extra zu ihm kam, um ihm die Hand zu schütteln für die großartige Darbietung mit seinem Nachwuchs-Ensemble.

Weiter ging es mit der nächsten Premiere. Zum ersten Mal nämlich spielte in diesem besagten Spitalhof eine Musikkappelle mittags zu einem Platzkonzert (Videoclip Youtube) auf. Zu den Klängen der Zeidner Blasmusik gönnten sich die Festtagsgäste Mititei mit „Ursu“-Bier, und fühlten sich an frühere Zeiten erinnert. Und während die Kapelle fleißig spielte und schwitzte, arbeiteten andere Zeidner an der nächsten Premiere in Dinkelsbühl.

Der Hauptplatz an der Schranne wurde für den Verkehr gesperrt und unter der Anleitung von Rainer Lehni der Zeidner Wunderkreis aufgezeichnet. Diese mehr als 100-Jahre alte Tradition sollte nun hier am Heimattag einer breiten Mehrheit über die Grenzen des burzenländischen Ortes bekannt gemacht werden. Gegen drei nachmittags machte sich unsere Blaskapelle vor der Schranne zum nächsten Auftritt bereit. Hunderte von Interessierten versammelten sich rund um die auf das Kopfsteinpflaster mit Kreide aufgezeichnete „Schnecke“, die die Kinder einmal durchzumarschieren hatten. Unter der Anleitung einer richtigen Erzieherin, Effi Kaufmes, wie das in Zeiden im Schulfest immer passierte, und auf die Klänge der Blasmusik durchschritten unzählige Kinder – am Ende dann auch Erwachsene – den Wunderkreis (Videoclip Youtube). Als Belohnung für dieses Im-Kreis-Gehen erhielten alle am Ende einen Kipfel.

Um vier nachmittags standen schon die nächsten Zeidner und –Innen in den Startlöchern für einen weiteren Höhepunkt des Heimattages: die Brauchtumsveranstaltung im Großen Schrannensaal. Der Jugend-Bach-Chor aus Kronstadt, das Zeidner Gesangstrio (Videoclip Youtube) und ein kleines Bläserensemble unter der Leitung von Reinhard Göbbel präsentierten in einem bis auf den letzten Platz gefüllten Saal eine Rundreise, multimedial aufbereitet, durch das Burzenland „in Sagen und Liedern“. Konzipiert haben diese Rundreise Bundesfrauenreferentin Enni Janesch und die schon erwähnte Netti Königes, die auch durch diese Veranstaltung führte – in ihrer gewohnt souverän-charmanten Art.
Die Kronstädter Jugendlichen sangen unter der Leitung ihres jungen und dynamischen Dirigenten Steffen Schlandt mit viel Begeisterung einige „Hymnen“ Burzenländer Ortschaften, Reinhard Göbbel und Effi Kaufmes rezitierten mit klarer Stimme und viel schauspielerischem Talent einige Burzenländer Sagen, Reinhards kleine Combo schmetterte flotte Blasmusik, und schließlich sorgte das Gesangstrio mit Effi Kaufmes, Diethe Meier und Netti Königes mit zwei Liedern für den nachdenklicheren Teil, in dem es um den Zweiten Weltkrieg und die Deportation ging.

Pfingstsonntag ist Großkampftag in Dinkelsbühl. In diesem Jahr sollen nach ersten Schätzungen etwa 2500 Trachtler und Musikanten, 200 mehr als im Vorjahr, am traditionellen Umzug teilgenommen haben (Videoclip Youtube). Auch die Zeidner vermeldeten einen Rekord. Nachdem Nachbarvater Udo Buhn seit Wochen zum Mitmarschieren aufgerufen hatte – auch hier auf der Homepage, und sich wenige meldeten – überraschten ihn dann seine Nachbarn, und 37 Zeidner marschierten in Tracht mit. Normalerweise sind es 15 bis 10. Auch hier eine nette Geschichte am Rande: Jüngster „Marschierer“ war Nico Pielok, Sohn von Andy und Harriet (Tochter von Christel und Gerhard Nierescher). Uroma Tilli Neudörfer hatte für den Einjährigen ein sächsisches Hemd und eine Krawatte organisiert, und damit er die Strapazen des mehrkilometrigen Umzuges übersteht, durfte Nico in einem kleinen Wagen, gezogen von Mama und Papa, mitmachen.

Nachbarvater Udo weist darauf hin, dass rund 70 Zeidner aktiv mitmachten. So halfen einige Musiker bei anderen Kapellen aus, einige verkauften Abzeichen – auf jeden Fall konnte sich das ehrenamtliche Engagement in diesem Jahr sehen lassen.

Einen letzten Höhepunkt bildete am Sonntag nach dem Aufmarsch das Konzert der vereinigten Burzenländer Blaskapellen (Videoclip Youtube 1 und 2), das der Weinbächer Klaus Oyntzen initiierte und organisierte. Fast 140 Musikanten spielten zehn Stücke, dirigiert von zehn verschiedenen Burzenländer Dirigenten. Die Instrumente blitzten in der Dinkelsbühler Sonne und tausende von Zuschauern lauschten ergriffen diesem schönen Klang.  

Die erste Bilanz: Die Zeidner Mitmacher haben alles gegeben, und wie von vielen schon jetzt zu hören war: Sie haben es nicht bereut: ein fröhlicher, sehr ereignisreicher Heimattag geht zu Ende. Der Nachbarvater bedankte sich bei allen Teilnehmern und spendete einen Gutschein für Essen und Trinken im Wert von je 13 Euro.

Hans Königes

PS: 
Um auch über den Tellerand der Zeidner Welt hinauszuschauen. Es gab eine Menge weiterer Höhepunkte, kluge Sätze zum Beispiel der beiden Kulturpreisträger Sienerth und Motzan, eine nachdenkliche Predigt des Bischofs Guib, eine nüchtern-interessante Rede von Wolfgang Wittstock am Ehrenmal und schließlich als absoluter Höhepunkt: der Auftritt von Peter Maffay im Jugendzelt – hier zu besichtigen. Einfach Wahnsinn. Insgesamt sollen es über 20.000 Besucher gewesen sein, der längste Fackelzug fand statt, und auch der Zeltplatz für den Nachwuchs platzte aus allen Nähten.

Die Burzenländer Trachtenträger beim Umzug in Dinkelsbühl kann man hier betrachten.

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