02.10.2014

Und was sagt der Hausorganist?

Im Jahre 2014 gibt es historische Parallelen: Deutschland wird zum vierten Mal Fussball-Weltmeister und zum vierten Mal findet in Zeiden ein Heimattreffen statt. Beide Errungenschaften dürfen sich jetzt mit dem neuen Status-Symbol – den  vier Sternen – schmücken. Was wäre aber aus den vier Sternen geworden, ohne die gemeinsame Schweißarbeit davor, während  oder die ausklingende Resonanz danach.

Auch zum vierten Zeidner Treffen gab es zunächst Hausaufgaben zu erledigen. Wichtigster Schwerpunkt war  für mich die Restaurierung der Zeidner Prause–Orgel. Vor allem die Endphase war verbunden mit endlosen Überstunden, damit pünktlich zum vierten Heimattreffen die Neueinweihung der Orgel  in einem großangelegten Festgottesdienst stattfinden konnte. Darüber hinaus wurde ein Orgelfestwochenende mit Vorführung, Ausstellung und Konzerten geplant. Das Sahnehäubchen sollte die Festschrift über die Zeidner Orgel bilden.

Während der Endphase half ich Orgelbauer Hermann Binder eifrig mit. Auch seine Gattin Dorothea entpuppte sich als routinierte Assistentin. Zum ersten Mal seit nunmehr vier Jahren durfte ich an der kompletten Zeidner Orgel spielen. Über die Arbeit des Orgelbauers Binder bin ich zufrieden und betrachte die Restaurierung als eine gelungene Aktion. Für die vielen Unterstützer - vor allem für die Finanzierung der Restaurierung, Benefizkonzerte, Beratung, Konzeptgestaltung und Durchführung der Restaurierung , sei mein herzlichster Dank ausgesprochen.

Der erste Tag der Zeidner Begegnung begann mit feierlichen Festreden und erwartungsvoller Feststimmung. Die Zeidner Blaskapelle sorgte für angemessene Stimmung im Kirchhof. Dann folgte der ZOG im Festsaal der Deutschen Schule. Die Vertreter von wichtigen Institutionen und Organisationen wie dem Bürgermeisteramt, der Kirchengemeinde, Schule, Forum, und Nachbarschaft tauschten sich in einer Podiumsdiskussion aus und versprachen Besserung in punkto Kommunikation.

Am zweiten Tag der Begegnung war ich dann richtig gefordert. Im Mittelpunkt stand die Zeidner Orgel sowie die dazu gehörende Musik. Eingeleitet wurde der Tag mit dem Festgottesdienst zur Neueinweihung der Prause-Orgel. Es ertönte feierliche Festmusik mit Reinhard Göbbel (Trompete), schlichter Heimatklang mit Vokalduo Annette Königes und Effi Kaufmes, eine gesangsfreudige Gemeinschaft und frische facettenreiche Orgelklänge, die sicherlich nicht nur das Herz des Organisten höher schlagen ließen.

Nach dem Mittagessen erfolgte die Vorführung mit Orgelbauer Hermann Binder. Ich hoffe, dass auch durch meinen Beitrag, die verschiedenen Register und Klangfarben der Orgel plastisch und lebendig an den unbefangenen Zuhörer vermittelt wurden. Danach durfte ich meine Festschrift vorstellen. Es handelt sich um eine umfangreiche Publikation rund um das Zeidner Orgelwesen. Für tatkräftige Anregungen zur Festschrift sei herzlichst Helmuth Mieskes und für die bildreiche Dokumentation Udo Buhn gedankt. Die Veranstaltung wurde beendet mit der Besichtigung der Orgel-Ausstellung auf der Westempore. Bunte Stellwände illustrieren von nun an die Geschichte der Zeidner Orgel sowie den Ablauf der Restaurierung. Dazu hat das umfangreiche Orgel-Notenarchiv hat einen neuen Platz gefunden.

Am selben Nachmittag folgte ein weiterer Höhepunkt. Zum ersten Male wurde in Zeiden ein Orgelkonzert in der wichtigen Kronstädter Reihe „Musica Barcensis“ eingegliedert und aufgeführt. Der Besuch vor allem aus Kronstadt war überwältigend. Das ist dem beherzten Kirchenmusiker Steffen Schlandt aus Kronstadt  zu verdanken, der die Konzertreihe „Musica Barcensis“ ins Leben gerufen hat. Als Orgelsachverständiger zur Restaurierung der Zeidner Orgel war er am umfangreichen Projekt mit Expertenrat und wichtigen Anregungen beteiligt. Er übernahm auch die Moderation zum Konzert. Als Gastsolist trat Kantor Peter Kleinert aus Frauenstein (Deutschland) auf.  Er führte nützliche Fachgespräche mit Orgelbauer Binder über das Restaurierungskonzept und tritt seit über fünfzehn Jahren regelmäßig auch in Zeiden auf. Etliche meiner Kompositionen  entstanden in seinem Auftrag. Zu den berühmten „Schübler-Choralbearbeitungen“ von J.S.Bach führte er auch meine swingbetonte moderne Partita: „Du hast uns Herr gerufen“, auf.

Der dritte Begegnungstag begann mit der Gedenkfeier am Friedhof. Annette Königes und Pfarrer Andreas Hartig hielten bewegende  Ansprachen. Die Zeidner  Blasmusik sowie der Zeidner Kirchenchor umrahmten die Gedenkfeier mit erhabener Musik. Zeiden gehört zu den wenigen sächsischen Ortschaften Siebenbürgens,  in der eine besondere Aufmerksamkeit für Friedhofspflege und Ehrung der Verstorbenen stattfindet.

Ein weiterer musikalischer Höhepunkt fand dann am Spätnachmittag nach dem Schulfestbesuch statt: das Orgelkonzert zur Neueinweihung der Zeidner Prause-Orgel , als kultureller Schlusspunkt der Zeidner Begegnung. Davor fand zunächst die Buchvorstellung „Párintele Thom“ des Schriftstellers Daniel Dragan statt, der die Ausreise der Sachsen thematisiert. Aus organisatorischen Gründen übernahm ich die Moderation, um einen eleganten Übergang der Buchvorstellung zum Orgelkonzert zu ermöglichen. Danach musizierte ich neben den Gastsolisten Kantor Peter Kleinert und  Hans Eckart Schlandt (Kronstadt). Die Orgel zeigte, was sie so drauf hat an Abwechslung, Virtuosität, Klangrausch, Meditation, Facettenreichtum und Fülle. Das Publikum durfte eintauchen in die Faszination einer Orgelwelt, die nun in Zeiden für die weiteren Generationen als eine komplexe Kulturbrücke aus der Vergangenheit in die Zukunft hinaus offen bleibt und verbindet.

Um wieder mit einem Bild aus dem Fußball zu schließen: Ich sehe Zeiden weltmeisterlich agierend bezüglich ihrer Begegnungen, das hohe qualitative Maßstäbe gesetzt hat. Diese vierte  Begegnung wird in die Zeidner Ortsgeschichte als wichtiger Meilenstein eingehen.

Klaus-Dieter Untch