Zeidner erhält Ehrendoktorwürde der Universität Iasi

Professor Wilhelm Schabel wurde am 29. November in einer feierlichen Zeremonie anlässlich des hundertjährigen Jubiläums der Fakultät Chemical Engineering and Environmental Protection die Ehrendoktorwürde verliehen. Die Technische Universität Iasi zeichnete Schabels „zukunftsweisende Forschungsarbeiten und herausragende wissenschaftliche Leistungen in einem neuen und fortschrittlichen Teilbereich des Chemieingenieurwesens“ aus. Überdies wurden seine Verdienste um die internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet gewürdigt. Der 39-jährige Wissenschaftler sei einer der Jüngsten, der diese Auszeichnung in der fast 200-jährigen Geschichte der Bildungseinrichtung erhalte, so Professorin Carmen Teodosiu, Prorektorin für Forschung und Mitglied des Auswahlkomitees der Universität, in ihrer Laudatio. (Comunicat der Presa TU Iasi, Artikel im "Buna ziua Iasi" , beide in rumänischer Sprache).

Der Zeidner Wilhelm Schabel, Jahrgang 1973, ist Inhaber der Professur und Leiter des Bereichs "ThinFilm Technology" (TFT) am Karlsruher Institut für Technologie. Er wurde bereits mit dem Carl-Freudenberg-Preis durch die damalige Universität Karlsruhe (TH), dem Arnold-Eucken-Preis der VDI-Gesellschaft und dem L.E. Scriven Award der International Society of Coating Science and Technology ausgezeichnet.

 
 

In der vorigen Ausgabe des ZG haben wir den Zeidner Wissenschaftler porträtiert. Wer also mehr über ihn wissen will, kann das hier nachlesen.

Was macht eigentlich …

Große Sportler haben es besser: Sobald einer zum Beispiel gegen den Ball tritt oder im Eiskanal hinunterflitzt, jubelt der ganze Heimatort vor dem Bildschirm, und alle sind stolz auf ihren Mitbürger. Anonymer geht es zu, wenn diese erfolgreiche Person kein Sportler ist, sondern zum Beispiel Wissenschaft ler. In der Regel versteht man sowieso nicht, was er tut und woran er forscht. Öffentlich tritt er zwar auf, aber in einem Kreis von Experten, dem eben nur Gleichgesinnte angehören. Umso wichtiger ist es, solche – der Allgemeinheit weniger bekannte – Personen vorzustellen, zumal wenn sie, wie auch in diesem Fall, auf ihrem Gebiet Weltspitze sind.

Es geht um Wilhelm (Willi) Schabel, der als Professor am Institut für thermische Verfahrenstechnik am Karlsruher Institut fur Technologie (KIT) arbeitet. Der 1973 in Zeiden geborene Wissenschaft ler hatte im Jahr 2004 im Rahmen seiner Dissertation ein Messgerät entwickelt, das es erlaubt, in Schichten, die dünner sind als das menschliche Haar – etwa Lackschichten, Polymerfolien oder Membranen – , die Konzentration der einzelnen Komponenten zu verschiedenen Zeitpunkten mit einer örtlichen Auflösung von einem Tausendstel Millimeter zu messen. Dabei koppelt Schabel ein leistungsfähiges Mikroskop, durch das ein Laserlicht die Probe von unten trifft, mit einem speziellen Spektrometer. Die Kenntnis dieser Konzentrationen dient unter anderem dazu, die Qualität optischer Folien, zum Beispiel fur LCD-Flachbildschirme, zu verbessern.Schabel arbeitet im Rahmen der Eliteforderung von Universitäten und der Exzellenzinitiative des Bundes seit 2009 als Professor am KIT und baute eine institutsübergreifende Plattform auf, „ ThinFilm Technology “ (Technologie dünner Schichten), die sich auf Aufbau und Eigenschaft en dünner Schichten sowie die zu ihrer Herstellung erforderliche Apparate- und Prozesstechnik bezieht.

Seine Forschungsergebnisse wurden mehrfach ausgezeichnet und gelten in seinem Metier als herausragend und wegweisend. So erhielt Schabel 2005 den Carl-Freudenberg-Preis der Universität Karlsruhe (TH) für die beste Dissertation, zwei Jahre später zeichnete ihn der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) mit dem Arnold-Eucken-Preis für die beste Nachwuchsarbeit aus. 2008 durfte er in Los Angeles als erster Europaer den L. E. Scriven Award der dortigen Technikergesellschaft in Empfang nehmen. Heute stehen Doktoranden bei ihm Schlange, um bei ihm promovieren zu konnen.

Schabel gilt nicht nur als überdurchschnittlich guter Wissenschaftler. Auch in der Forschungsorganisation beschreitet er neue Wege. Er hat nämlich eine geteilte Professur, die zur Hälfte von der Industrie und zur Hälfte von der Universität getragen wird. Damit nicht genug. Das Besondere an seiner Professur ist nämlich, dass sich gleich drei Konzerne, drei Wettbewerber, an seinem Lehrstuhl beteiligen: Bayer, BASF und La Roche. Zurzeit betreut er elf Doktoranden, es konne locker das Doppelte sein, wie er versichert, sein Forschungsbereich platze im Moment aus allen Nähten. Halten konne er aber nach der Promotion kaum jemanden, da die Industrie seine Mitarbeiter mit zu hohen Einstiegsgehaltern wegschnappe: Unter 65.000 Euro Jahresgehalt beginne keiner seiner Leute in der freien Wirtschaft . Schabel selbst ist als gefragter Experte häufig weltweit unterwegs. Japan und die USA waren zum Beispiel seine letzten Stationen.

Und wie bewältigt man all diese Aufgaben? Zumal es zu Hause auch nicht langweilig wird, denn Schabel ist Vater von vier Kindern. Er gibt zu, dass es gerade in den letzten Monaten sehr viel geworden sei und er noch besser darauf achten musse, Beruf und Familienleben zu vereinbaren. Wie viele Siebenbürger Sachsen ist er ein Familienmensch. Obwohl er schon mit neun Jahren mit seinen Eltern Erna und Wilhelm und den beiden älteren Schwestern Simone und Karin aus Zeiden ausgereist ist, spricht er mit den erwachsenen Mitgliedern der Grosfamilie Siebenbürgisch-Sächsisch. Gerne kommt die Familie zu Festlichkeiten zusammen. Auch unser Gespräch findet auf Zeidnerisch statt (mit leicht Wolkendorfer Färbung, denn der Vater stammt aus der Nachbargemeinde).

Wilhelm Schabel, der weitgereiste und weltweit anerkannte Professor, hat kein Problem, sich zu seinen siebenbürgischen und Zeidner Wurzeln zu bekennen. Wenn er beispielsweise auf einer Tagung am Akzent heraushört, dass ein Kollege aus Siebenbürgen stammt, spricht er ihn direkt an, auch auf Sächsisch, was schon mal zu Irritationen führt, aber dann sehr freundschaftlich endet. So kam er mit Dr. Norbert Wagner ins Gespräch, auch einem sehr klugen Zeidner, der mehrere Patente besitzt und im Deutschen Zentrum fur Luft - und Raumfahrttechnik (DLR) in verantwortlicher Position arbeitet. Und weil er auch mit rumänischen Wissenschaftlern aus Iasi gut zusammenarbeitete, erhielt er 2010 eine Einladung, an der dortigen Universität einen Vortrag zu halten. Anlass fur den Zeidner, seinen Vater mitzunehmen, der Iasi aus seiner Militärzeit gut kannte, und auch das Burzenland (das erste Mal seit seiner Ausreise) zu besuchen. Er war überrascht, wie sehr ihn der Ort seiner Geburt berührte: das Geburtshaus in der Hintergasse, der nahe gelegene Kindergarten, die Schule, der Berg – die emotionale Bindung war noch da. Jetzt könnte er noch einen nächsten Schritt gehen und zu einer Veranstaltung der Zeidner kommen.

Hans Königes, München

Nach oben